Durch Ausnutzung von Gesetzeslücken und der anschließenden Veranlassung staatlicher Zahlungen entstand ein Milliardenschaden. Nun legte der wegen Steuerhinterziehung angeklagte Hanno Berger ein Teilgeständnis ab.
In dem milliardenschweren "Cum-Ex"-Steuerskandal hat der bekannteste Verfechter der Aktiendeals zu Lasten der Staatskasse, Hanno Berger, vor dem Landgericht (LG) Bonn ein Teilgeständnis abgelegt. Der 71-jährige Anwalt ist wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung in drei Fällen im Zeitraum 2007 bis 2013 angeklagt (Az. 62 KLs 2/20).
Berger hatte sich 2012 in die Schweiz abgesetzt, im Februar 2022 war er an Deutschland ausgeliefert worden. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung steht Berger nicht nur in Bonn, sondern gleichzeitig auch in Wiesbaden vor Gericht. Dort wirft ihm die Generalanwaltschaft Frankfurt vor, von 2006 bis 2008 falsche Bescheinigungen über ca. 113 Millionen Euro nie gezahlter Steuern erlangt zu haben (Aktenzeichen 6 KLs - 1111 Js 18753/21).
Bei "Cum-Ex"-Geschäften nutzten die Investoren eine Lücke im Gesetz, um den deutschen Staat über Jahre hinweg um Millionen von Euro zu bringen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden. Erst im Jahr 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. Mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte bundesweit ermitteln seit Jahren, um einen der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte aufzuklären.
Nun räumte Hanno Berger am Montag vor dem LG ein, ab 2009 mit bedingtem Vorsatz gehandelt zu haben. Berger soll die Privatbank M.M. Warburg zur Aufnahme von "Cum-Ex"-Geschäften bewogen und maßgeblich dabei geholfen haben, die nötigen Strukturen einzurichten. Zudem soll er gutgläubige Investoren eingeworben haben. Dem Staat soll durch dieses Verhalten ein Schaden von 278 Millionen Euro entstanden sein, von dem auch Berger profitiert haben soll.
"Das hätte ich besser wissen müssen"
Im Jahr 2009 hatte das Finanzministerium in einem Berger bekannten Schreiben erhebliche Bedenken gegen die von dem Anwalt propagierte Methode der Steuergestaltung deutlich gemacht. "Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums im Jahr 2009 hätte man wahrscheinlich als Zäsur betrachten sollen", sagte Berger in seiner rund zweistündigen Einlassung. "Das hätte ich besser wissen müssen."
Doch stattdessen hätten er und seine Mitarbeiter sich auf die Formalien und die verbliebenen Lücken konzentriert. Ein ehemaliger Bundesanwalt habe ihn in dieser Zeit sogar gewarnt: "Die Zeit der Steuergestaltung ist vorbei, sage er. Das hätte mir zu denken geben sollen." Bergers Verteidiger Richard Beyer betonte am Rande des Verfahrens, dass er vor 2009 kein vorsätzliches Handeln seines Mandanten erkennen könne.
Unmoralisch findet Berger sein Handeln nicht. "Moral spielt für mich schon eine Rolle", sagte er vor Gericht. "Wir müssen an die Mandanten denken. Das war mein Credo. Das hab ich durchgezogen", sagte Berger. Als Anwalt müsse er aber seine Mandanten auf Lücken im Steuerrecht aufmerksam machen. Ob der Mandant diese nutze, sei dann dessen Entscheidung.
dpa/ku/LTO-Redaktion
Cum-Ex-Verfahren vor dem LG Bonn: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49259 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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