Selbst wenn ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzen grob beleidigt, kann er nicht ohne weiteres außerordentlich gekündigt werden. Auch für den Fall, dass der Chef als "Wichser" bezeichnet wird, muss nach einem am Dienstag bekannt gewordenen Urteil der Mainzer Richter eine vorherige Abmahnung erfolgen.
Die Bezeichnung des Vorgesetzten als "Wichser" stelle zwar eine grobe Ehrverletzung dar, eine außerordentliche Kündigung sei dennoch unverhältnismäßig. Der Arbeitgeber hätte nicht auf eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers verzichten dürfen, so das Landesarbeitsgericht (LAG, Urt. v. 18.08.2011, Az. 2 Sa 232/11).
Geklagt hatte ein Lagerist, der seinen Chef im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung um eine Krankmeldung einen "Wichser" genannt hatte und daraufhin gekündigt wurde.
Das LAG gab seiner Kündigungsschutzklage statt. Dabei stellten die Richter jedoch auch klar, dass das Verhalten des Lageristen nicht sanktionslos hingenommen werden müsse. Lediglich die Prüfung der Frage, ob die außerordentliche Kündigung als einzig mögliche und vertretbare Reaktion des Arbeitgebers angemessen war, sei im Berufungsverfahren zu entscheiden gewesen.
tko/LTO-Redaktion
Mehr auf LTO.de:
LAG Mainz: Fristlose Kündigung bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zulässig
OVG Niedersachsen: Fristlose Kündigung nur bei zu viel privatem Surfen
LAG Hessen: Auch freigestellter Arbeitnehmer kann fristlos gekündigt werden
LAG Rheinland-Pfalz: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5099 (abgerufen am: 22.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag