Lärm ist nicht gleich Lärm: Schreien Kinder abends auf Spielplätzen, müssen Anwohner das dulden. Geht der Krach aber von Jugendlichen aus, müssen sie das nicht hinnehmen, wie die Mannheimer Richter mit einem am Freitag bekannt gewordenen Beschluss entschieden.
Anwohner eines kommunalen Kinderspielplatzes haben grundsätzlich kein Recht auf Einhaltung der von der Gemeinde festgelegten Benutzungszeit dieser Einrichtung, um Lärm spielender Kinder außerhalb dieser Zeit abzuwehren, so der Verwaltungsgerichtshof (VGH). Die Nachbarn könnten aber von der Gemeinde verlangen, eine missbräuchliche Benutzung dieser Einrichtung durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden, wenn der Missbrauch erhebliche Lärmbelästigungen verursacht und die Gemeinde durch den Spielplatz einen besonderen Anreiz dafür geschaffen hat (Beschl. v. 06.03.2012, Az. 10 S 2428/11).
Ein Anwohner eines Kinderspielplatzes hatte sich gegen den abendlichen Lärm gewehrt. Er beschwerte sich über Krach durch spielende Kinder außerhalb der Benutzungszeit sowie über Lärm durch Jugendliche und junge Erwachsene, die den Spielplatz bis in die Nacht hinein zum Feiern missbrauchten.
Seinen Eilantrag, die Gemeinde vorläufig zu verpflichten, diese Nutzungen zu unterbinden, lehnte das Verwaltungsgericht (VG) ab. Auf seine Beschwerde gab der VGH der Gemeinde durch einstweilige Anordnung auf, notwendige Vorkehrungen zu treffen, um die missbräuchliche Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden. Im Übrigen blieb die Beschwerde erfolglos.
Lärm spielender Kinder ist sozialadäquat
Der Anwohner hat laut VGH keinen Anspruch darauf, dass die Gemeinde die Einhaltung der festgelegten Benutzungszeit des Spielplatzes sicherstellt, um den Lärm spielender Kinder außerhalb dieser Zeit abzuwehren. Dem stehe bereits § 22 Abs. 1a Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) entgegen. Sinn und Zweck der darin geregelten Privilegierung des Lärms von Kinderspielplätzen schlössen es aus, dessen Zumutbarkeit allein nach statischen Benutzungsregelungen zu beurteilen. Das Gesetz fordere vielmehr eine strikte Einzelfallbetrachtung. Dabei sei der Lärm spielender Kinder im Regelfall als sozialadäquat hinzunehmen. Eine abweichende Sondersituation habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Gemeinde hat Anreiz zum Missbrauch geschaffen
Der Anwohner könne aber von der Gemeinde verlangen, die missbräuchliche Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden. Die Gemeinde sei dafür verantwortlich, weil sie durch den Spielplatz einen besonderen Anreiz zum Missbrauch geschaffen habe. Sie habe ihn am Waldrand nahe einem Biotop an einer für den öffentlichen Verkehr nur schwer zugänglichen Stelle angelegt. Besucher müssten regelmäßig nur mit eingeschränktem Anliegerverkehr rechnen, der nachts erfahrungsgemäß zum Erliegen kommt. Diese Lage biete einen besonderen Anreiz für Jugendliche, die sich von Passanten unbeobachtet und unkontrolliert treffen wollten. Der Antragsteller habe auch glaubhaft gemacht, dass Jugendliche bei Kontrollen in der Vergangenheit wiederholt in den Wald geflüchtet seien.
Die Auswahl der Maßnahmen liege im Ermessen der Gemeinde. Zunächst kämen regelmäßige und engmaschige Kontrollen auch und gerade zur Abend- und Nachtzeit in Betracht.
Mit Material von dpa.
tko/LTO-Redaktion
VGH Baden-Württemberg zum Immissionsschutz: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6045 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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