Die Europäische Kommission will ein Aufzugbauer-Kartell vor einem belgischen Gericht auf Schadensersatz verklagen, nachdem sie den Wettbewerbsverstoß zuvor selbst festgestellt und mit Bußgeld belegt hatte. Der EuGH hat keine Bedenken. Es liege am nationalen Gericht, ob es einen Schaden bejahe.
Die Europäische Kommission darf vor nationalen Gerichten einen Schaden geltend machen, den ein unionrechtswidriges Kartell verursacht hat. Einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren sieht der Europäische Gerichtshof (EuGH) auch dann nicht, wenn die Kommission die kartellrechtlichen Verstöße zuvor selbst fegeststellt und mit einer Geldbuße belegt hatte (Urt. v. 06.11.2012, C-199/11).
Im Februar 2007 hatte die Kommission gegen mehrere Unternehmen des Treppen- und Aufzugbauwesens wegen Beteiligung an Kartellen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden Geldbußen von über 992 Millionen Euro festgesetzt.
Im Juni 2008 verklagte die Kommission als Vertreterin der Europäischen Union (EU) eben diese Unternehmen vor einem Brüsseler Gericht. Die EU hatte für mehrere ihrer Gebäude öffentliche Aufträge für den Einbau, die Wartung und die Erneuerung von Aufzügen und Fahrtreppen vergeben. Durch das Kartell sei ihr ein Schaden von über sieben Millionen Euro entstanden, da die vereinbarten Kosten durch die rechtswidrigen Absprachen deutlich über dem Marktpreis gelegen hatten.
Über Schaden und Kausalzusammenhang entscheidet nationales Gericht
Die "Rechtbank van koophandel te Brussel" hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Grundrechtecharta die Kommission daran hindere, den Schaden durch ein wettbewerbswidriges Verhalten zu beklagen, das von der Kommission selbst für mit Unionsrecht unvereinbar erklärt wurde.
Der EuGH stellte klar, dass grundsätzlich jeder Ersatz für einen Schaden erlangen kann, soweit dieser in einem Kausalzusammenhang zur verbotenen Handlung stehe. Dies gewähre das Recht auf Zugang zu nationalen Gerichten. So könne auch die Kommission vor einem nationalen Gericht klagen. Dann sei das Gericht zwar an die Feststellungen der Kommission bezüglich des wettbewerbswidrigen Verhaltens gebunden. Es sei jedoch frei in der Bewertung, ob ein kausaler Schaden vorliege.
una/LTO-Redaktion
EuGH: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7485 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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