LSG Hessen zum Unfallversicherungsrecht: Kniebelastung bei Müllwerkern und Hochleistungssportlern vergleichbar

16.05.2012

Erleidet ein Müllwerker eine Meniskuserkrankung, muss diese möglicherweise als Berufskrankheit anerkannt und entschädigt werden. Dies entschied der 9. Senat des LSG in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil.

Das Landessozialgericht (LSG) verurteilte damit die Berufsgenossenschaft zur Anerkennung der Berufskrankheit eines 47-jährigen Mitarbeiters eines privaten Müllentsorgungsunternehmen, der sich im Jahre 2005 während des Abtransports von Müll ein Verdrehtrauma im rechten Kniegelenk zugezogen hatte. Die medizinische Untersuchung ergab eine ausgeprägte degenerative Meniskopathie.

Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung des Arbeitsunfalls mit der Begründung ab, dass die Erkrankung keine Unfallfolge sei. Es liege auch keine Berufskrankheit vor, da Müllwerker nicht entsprechenden Kniebelastungen ausgesetzt seien. Der Mann reichte daraufhin Klage ein.

Die Richter entschieden, dass Müllwerker bei ihrer Tätigkeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung Belastungen der Kniegelenke ausgesetzt seien. Dies resultiere aus der häufigen und erheblichen Bewegungsbeanspruchung insbesondere beim Laufen und Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf unebenem Untergrund.

Solche Belastungen mit reflektorisch unkoordinierten Bewegungsabläufen lägen, so das LSG, auch bei Rangierern sowie bei Hochleistungssportlern wie Fußball-, Handball- und Basketballspielern vor, deren Meniskuserkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt würden. Die Tätigkeit eines Müllwerkers sei aufgrund der häufigen Sprungbewegungen auf bzw. von dem Trittbrett des Fahrzeugs mit der eines Rangierers vergleichbar. Die schnellen und unregelmäßigen Lauf- und Drehbewegungen beim Verbringen der Mülltonnen seien den Bewegungsabläufen der Profiballsportler ähnlich (Urt. v. 07.05.2012, Az. L 9 U 211/09).

Entgegen der Annahme der Berufsgenossenschaft sei die Tätigkeit von Müllwerkern auch nicht von einem kontrollierten Besteigen des Trittbretts geprägt, wie beim Benutzen einer Leiter oder einer Treppe. Diese Vorstellung entspreche allenfalls den bestehenden Arbeitsschutzbedingungen, nicht aber der alltäglichen Lebenswirklichkeit von Müllwerkern.

Im Fall des klagenden Müllwerkers seien zudem die Meniskuserkrankung vor dem 50. Lebensjahr aufgetreten und berufsunabhängige Risikofaktoren auszuschließen, so dass die Berufskrankheit anzuerkennen sei.  

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG Hessen zum Unfallversicherungsrecht: . In: Legal Tribune Online, 16.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6218 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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