Der große Ansturm ist vorerst vorbei, die meisten Notunterkünfte sind geschlossen. Die Justiz beschäftigt die Flüchtlingssituation allerdings mehr denn je: Bis Mitte Dezember wurden im vergangenen Jahr 10.391 Asyl-Klagen erhoben.
Aufgrund der Einreise Zehntausender Flüchtlinge ist die Zahl der Asyl-Streitfälle vor niedersächsischen Gerichten 2016 massiv gestiegen. Bis zum 15. Dezember gingen 10.391 Klagen bei den sieben Verwaltungsgerichten ein, im gesamten Jahr 2015 waren es nur 5.267. Die Zahl der Eilanträge stieg ebenfalls von 3.953 im Jahr 2015 auf 4.499 in 2016.
Das Land reagierte auf die steigende Zahl der Verfahren. Um die Mehrbelastung aufzufangen, seien 2015 zunächst 14 Richter und 2016 dann weitere 25 Richter eingestellt worden, teilte das Justizministerium in Hannover mit. Zudem seien 17 zusätzliche Verwaltungsstellen geschaffen worden. In den Verfahren versuchen Asylbewerber meist, ihre drohende Abschiebung abzuwenden.
Im zweiten Halbjahr 2016 gingen mit großem Abstand die meisten Verfahren - nämlich über 3.000 - von Syrern ein. Auch 850 Iraker zogen vor Gericht. Die Gründe für die Klagen werden nicht statistisch erfasst. Es lasse sich aber die Tendenz ableiten, dass es immer mehr Verfahren zur Verbesserung des Schutzstatus gebe, sagte die Sprecherin des Justizministeriums, Marika Tödt. Kriegsflüchtlinge aus Syrien erhalten entsprechend der Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMG) zunehmend nur subsidiären Schutz. Das heißt, ihr Aufenthalt in Deutschland ist zunächst nur für ein Jahr gesichert, außerdem dürfen sie ihre Familie nicht nachholen.
Zusätzliche Richter reichen nicht aus
Die Aktenberge an den Verwaltungsgerichten wachsen trotz der zusätzlich eingestellten Richter. Anfang 2016 waren 4.141 Asyl-Klagen noch nicht erledigt, bis zum 15. Dezember wuchs der Bestand auf 8.557 unerledigte Klagen. Am Oberverwaltungsgericht in Lüneburg dagegen blieb die Zahl der Anträge auf Zulassung von Berufung beziehungsweise Berufungen in etwa konstant.
In Niedersachsen stellten 2015 nach Angaben des BAMF gut 34.000 Menschen einen Asylantrag, 2016 waren es nach vorläufigen Zahlen fast 81.000. Die Zahl der einreisenden Flüchtlinge und Migranten ist indes deutlich gesunken. Während in den sechs niedersächsischen Erstaufnahme-Einrichtungen im Herbst 2015 noch 38.000 Menschen untergebracht waren, leben dort aktuell nur 2.400 Zuwanderer.
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, rechnet damit, dass es im vergangenen Jahr deutschlandweit zu einer Verdoppelung der Asylverfahren gekommen ist; genaue Zahlen liegen noch nicht überall vor. Auch in Sachsen-Anhalt und Brandenburg belastet die steigende Anzahl der Asylverfahren die Gerichte, in den beiden Bundesländern klagt der Deutsche Richterbund über Personalmangel.
Bereits 2015 war die Zahl der Asylverfahren im Vergleich zu den Vorjahren stark angestiegen.
dpa/nas/LTO-Redaktion
Justizbelastung in Niedersachsen: . In: Legal Tribune Online, 02.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21635 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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