Im Jahr 2023 gingen weniger Verfassungsbeschwerden beim BVerfG ein als in den vergangenen Jahren. Dafür wurden mehr Verfahren erledigt. Die Erfolgsquote der Rechtsbehelfe ist weiterhin niedrig.
Die Zahl der Verfahrenseingänge beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ging im Jahr 2023 weiter zurück. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht des höchsten deutschen Gerichts hervor. Lag die Zahl der Neueingänge im Jahr 2020, laut dem Jahresbericht noch bei 5.529 Verfahren waren es laut dem aktuellen Bericht im vergangenen Jahr nur noch 4.828 – ein Rückgang von 701 im Vergleich zu vor vier Jahren. Bereits in den Jahren 2021 und 2022 waren die Eingangszahlen gesunken.
Den größten Anteil der Verfahren machten Verfassungsbeschwerden aus. Davon gingen im vergangenen Jahr 4.296 beim BVerfG neu ein. Das Gericht entschied 4.735 Verfassungsbeschwerden von denen 55 – also nur 1.16 Prozent – erfolgreich waren. Darunter beispielsweise, die Verfassungsbeschwerde zweier Gefangener, die in dem niedrigen Lohn für Arbeiten im Strafvollzug eine Verletzung ihrer Grundrechten sahen. Das Bundesverfassungsgericht gab ihnen in seinem Urteil aus Juni 2023 Recht.
In seinem Jahresbericht stellt das BVerfG noch weitere relevante Verfahren aus dem vergangenen Jahr vor. Darunter die Entscheidung zum Gesetz zur Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung, die Entscheidung zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten Freigesprochener und über das zweite Nachtragshaushaltsgesetz aus dem Jahr 2021.
2024: Bundeswahlgesetz wird BVerfG beschäftigen
Ein Eingangsrekord zeichnete sich allerdings bei den Verfahren mit Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ab. Insgesamt 432 reine Eilrechtsschutz-Anträge gingen 2023 ein. Damit wurde die bisherige Höchstzahl von 271 aus dem ersten Pandemie-Jahr 2020 weit überschritten. Wie dieser Anstieg zu erklären ist, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Im Vergleich zum Vorjahr erledigte das BVerfG 2023 rund 500 Verfahren mehr. Davon entschieden die Senate des Bundesverfassungsgerichts 42 und die Kammern 4.894.
Das BVerfG besteht aus 16 Richter:innen, die zwei Senate zu je acht Personen bilden. Daraus bilden sich wiederum insgesamt 6 Kammern zu je drei Richter:innen. Vorsitzender des ersten Senats ist der Präsident des BVerfG Prof. Dr. Stephan Harbarth und Vorsitzende des zweiten Senats die Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König. Eine Hälfte der Richter:innen wählt der Bundestag, die andere der Bundesrat.
Die Kammern entscheiden vor allem Verfassungsbeschwerden, die nicht von grundsätzlicher Bedeutung sind und die keine verfassungsrechtlichen Fragen aufwerfen, die nicht bereits im Grundsatz von einem der Senate entschieden worden sind. Dadurch sollen sie die Senate entlasten.
Ferner findet sich in dem Jahresbericht ein kurzer Abriss über relevante Entscheidungen der Kammern, sowie ein Ausblick auf wichtige Verfahren, mit denen sich das BVerfG im Jahr 2024 beschäftigen wird. Zu erwarten sind u.a. eine Entscheidung zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung, über das Bundeswahlgesetz, die Ab- und Nichtwahl von Ausschussvorsitzenden im Bundestag, sowie die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auf Tarifverträge.
hes/LTO-Redaktion
BVerfG-Jahresbericht 2023: . In: Legal Tribune Online, 13.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54093 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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