Der BFH hat seine jahrelange Rechtsprechung geändert: Offene Umsatzsteuerforderungen können mit Zahlungsansprüchen des insolventen Unternehmens nur noch dann aufgerechnet werden, wenn die Forderungen des Unternehmers aus einer Steuerberichtigung resultieren, die schon vor Eröffnung des Insolventsverfahrens vorlag.
Nach § 96 der Insolvenzordnung (InsO) ist die Aufrechnung von gegenseitigen Forderungen unter anderem dann verboten, wenn der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach der Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist. Bisher hatte der Bundesfinanzhof (BFH) angenommen, eine Aufrechnung sei jedoch zulässig, wenn ein Anspruch des Steuerpflichtigen erst während des Insolvenzverfahrens entstanden ist, aber auf einer Steuerfestsetzung beruht, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist. Diese Rechtsprechung haben die Münchener Richter nun geändert (Urt. v. 25.07.2012, Az. VII R 29/11).
Die Aufrechnung soll nur noch dann zulässig sein, wenn sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geändert hat. Der Berichtigungstatbestand aus § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) müsse also bereits vorher eingetreten sein. Nur dann könne das Finanzamt die daraus resultierenden Forderungen mit den eigenen aufrechnen.
Im Streitfall konnte ein insolventer Unternehmer seinem ebenfalls insolventen Geschäftspartner das geschuldete Entgelt nicht leisten. Diesem wiederum kam dadurch ein Erstattungsanspruch wegen Berichtigung der Umsatzsteuer zugute. Das Finanzamt darf diese Forderung nun nicht aufrechnen, da der Berichtigungstatbestand nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist.
una/LTO-Redaktion
BFH zu Insolvenzverfahren: . In: Legal Tribune Online, 31.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7433 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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