Zwei Professoren der Münchner Bundeswehr-Universität halten die Regelungen über die Schiedsgerichte in dem geplanten, sehr umstrittenen TTIP-Abkommen für verfassungswidrig. In einem Gutachten für den BUND kommen sie zu dem Ergebnis, dass gegen das Gebot des Rechtsstaats verstoßen würde. Danach müsse zwingend ein nationales Gericht das letzte Wort in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten haben.
Das im Vertrag über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union vorgesehene schiedsgerichtliche Verfahren zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommen Prof. Dr. Kathrin Groh und Prof. Dr. Daniel-Erasmus Khan von der Münchener Universität der Bundeswehr in ihrem vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland in Auftrag gegebenen Gutachten.
Die Münchner Professoren sehen einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Gebot, dass bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwingend ein (inner-) staatliches Gericht das letzte Wort haben müsse. Die Schiedsgerichts-Regelungen im geplanten Abkommen TTIP genügten diesem Gebot nicht. Die vom Grundgesetz für die Mitwirkung Deutschlands am europäischen Integrationsprozess normierten Grenzen seien überschritten, heißt es in dem Gutachten weiter.
Die vor allem von Großkonzernen verlangten Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISDS) gelten als einer der Hauptgründe für den großen Widerstand in Europa gegen das Freihandelsabkommen. Die traditionellen Schiedsgerichte werden von Gegnern als Paralleljustiz kritisiert, über die Unternehmen Schadensersatz zulasten der Steuerzahler erstreiten, nationale Gesetze aushebeln oder eine Senkung von Verbraucher- und Umweltstandards durchsetzen können. Strittig ist auch, ob die EU überhaupt die nötige Rechtsetzungskompetenz für das Abkommen hat.
Der Widerstand gegen TTIP wurde zuletzt so groß, dass sich die EU-Kommission genötigt sah, an Reformvorschlägen zu arbeiten. Die Regierungen in den EU-Mitgliedstaaten halten TTIP wie die Wirtschaft als große Chance für mehr Wachstum und Arbeitsplätze. Durch die TTIP sollen Zölle und andere "Handelshemmnisse" wegfallen. Das sieht die Änderung vieler Test- und Qualitätsregeln und Standards vor. Mit rund 800 Millionen Verbrauchern entstünde der weltgrößte Wirtschaftsraum.
dpa/age/LTO-Redaktion
* Anm. d. Red.: Hier stand zunächst nicht ganz zutreffend, dass die SPD sich innerhalb der Parteienlandschaft in besonderer Weise gegen das TTIP auflehne. Geändert am 07.05.2015, 18:07.
Gutachten zum Freihandelsabkommen TTIP: . In: Legal Tribune Online, 07.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15481 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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