Baden-Württembergs Grüne wollen Wahllisten für Kommunalwahlen einführen, auf denen abwechselnd Frauen und Männer aufgestellt sind. Koalitionspartner SPD äußert verfassungsrechtliche Bedenken an dem Vorhaben.
Die Grünen im Stuttgarter Landtag wollen mit einer bundesweit einmaligen Gesetzesänderung mehr Frauen den Weg in die Kommunalparlamente ebnen. Zur Kommunalwahl 2014 sollen Parteien Wahllisten mit gleichvielen Frauen und Männern aufstellen, so die Forderung von Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann am Montag.
Ein Gutachten einer Berliner Kanzlei im Auftrag der Grünen habe ergeben, dass eine Frauenquote verfassungsrechtlich zulässig ist. "Damit steht einer Änderung des Kommunalwahlrechts nichts mehr im Wege." Bis Ende 2012 will die große Koalitionsfraktion gemeinsam mit der SPD einen Gesetzentwurf mit einem so genannten Reißverschlussverfahren vorlegen. Grün-Rot kann das Kommunalwahlrecht mit einfacher Mehrheit im Landtag ändern, ist somit nicht auf die Zustimmung der Opposition angewiesen.
Die SPD-Fraktion ist aber noch nicht überzeugt, dass der Weg rechtlich unproblematisch ist und will die Stellungnahme des zuständigen Innenministeriums abwarten. Es müsse eine "völlig wasserdichte Lösung" sein, erklärte Sabine Wölfle, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion. Ein Ministeriumssprecher teilte mit, selbstverständlich strebe man Verbesserungen für Frauen beim Wahlrecht an.
Allerdings gebe es in so einer komplexen Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen, die nun erstmal überprüft werden müssten. Vize-Regierungschef und SPD-Vorsitzender Nils Schmid dringt aber wie die Grünen auf eine rasche Initiative, wie sie auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.
Sitzmann sagte, Baden-Württemberg sei bei der politischen Teilhabe von Frauen bundesweit Schlusslicht, obwohl 52 Prozent der Wahlberechtigten weiblich seien. In den Gemeinderäten seien im Schnitt 22 Prozent Frauen, in den Kreistagen 16 Prozent und im Landtag 18 Prozent.
Die Rechtsexperten sind in ihrem Gutachten der Frage nachgegangen, ob eine Quote die im Grundgesetz garantierte Freiheit politischer Parteien und die Wahlfreiheit der Bürger beeinträchtigt. Die Studie kommt laut Sitzmann zu dem Ergebnis, dass ein Eingriff in diese Grundrechte gerechtfertigt wäre, da er dazu beitrage, den Gleichstellungsauftrag der Verfassung umzusetzen.
Die Grünen wollen in ihrem Gesetzesvorschlag auch die Möglichkeit einbeziehen, dass in manchen Gemeinden nicht genügend Frauen gefunden werden, die kandidieren wollen. Der Text soll lauten:
"Es kandidieren jeweils zur Hälfte Männer und Frauen. Die Liste ist abwechselnd mit Frauen und Männern zu besetzen, wobei der erste Platz mit einer Frau oder einem Mann besetzt werden kann. Ausnahmsweise dürfen auch die den Frauen vorbehaltenen Listenplätze mit Männern besetzt werden, wenn sich nicht genügend Kandidatinnen zur Wahl stellen bzw. die den Männern vorbehaltenen Listenplätze mit Frauen besetzt werden, falls sich nicht genügend Kandidaten zur Wahl stellen."
dpa/age/LTO-Redaktion
Pläne in Baden-Württemberg: . In: Legal Tribune Online, 15.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6202 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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