Der Freiburger Oberbürgermeister rief in den Sozialen Medien dazu auf, rechtsextremen Parteien keine Stimme zu geben. Solche Äußerungen wollte der AfD-Kreisverband für die Zukunft gerichtlich untersagen lassen, scheiterte damit aber.
Träger politischer Ämter dürfen in dieser Funktion nicht vor politischen Konkurrenten warnen oder diese diffamieren. Hat Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn diese Grenze in einem Neujahrsposting zulasten der AfD überschritten? Der AfD-Kreisverband wertete Horns Äußerungen als solche gegen die AfD und versuchte auf dem Eilrechtsweg, der Stadt Freiburg derartige Aussagen künftig zu verbieten. Damit scheiterte er am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht (VG) Freiburg. Trotz der in diesem Jahr anstehenden Wahlen sah das Gericht keine Wiederholungsgefahr (Beschl. v. 20.03.2024, Az. 4 K 228/24).
"Keine Stimme den Rechtsextremisten! Sie zerstören unsere Demokratie. Mein großer Wunsch für 2024 – mehr Miteinander und ein klarer Wahlsieger: Unsere Demokratie." Dieses Zitat aus einer Rede des Freiburger Oberbürgermeisters Martin Horn beim städtischen Neujahrsemfang veröffentlichte die Stadtverwaltung am 11. Januar 2024 auf ihrer Internetseite und dem von der Stadtverwaltung betriebenen Facebook- und Instagram-Profil des Oberbürgermeisters.
Die Posts zeigten jeweils das Zitat neben einem Bild des Politikers. Zu dem Beitrag schrieb die Stadt folgenden Text, der unter anderem weitere Zitate Horns enthielt. Darunter fand sich auch die Passage "Wir sehen gerade den Aufstieg einer Partei, die der Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Für unsere Demokratie sind das keine gute Nachrichten! Wenn Rechtsextremisten gewählt werden, zerstören sie die Demokratie von innen." Für das neue Jahr wünsche er sich und seinen Mitbürger: "Beziehen wir deutlich Stellung: Für unsere Demokratie. Für mehr Miteinander. Für Vielfalt. Für eine tolerante und faire Gesellschaft." Dabei wies Horn auf die in diesem Jahr anstehenden die Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen in Freiburg sowie die Europawahl hin. "Am 9. Juni gilt es: Wählen gehen."
AfD-Kreisverband forderte OB zu Unterlassungserklärung auf
In Reaktion auf die Posts forderte der Freiburger AfD-Kreisverband den Oberbürgermeister zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf. Der Verband sah in der Äußerung einen Verstoß gegen die Pflicht zu parteipolitischer Neutralität und Sachlichkeit. Das Neutralitätsgebot in Bezug auf Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Es verbietet Hoheitsträgern, zugunsten oder zulasten einer politischen Partei auf die politische Willensbildung einzuwirken.
Daraufhin löschte die Stadtverwaltung aus dem Text den Passus "Wir sehen gerade den Aufstieg einer Partei, die der Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Für unsere Demokratie sind das keine gute Nachrichten!"
Das reichte dem AfD-Kreisverband jedoch nicht. Er stellte einen Eilantrag beim VG. Das Gericht Gericht sollte der Stadt Freiburg verbieten, mit Bezug auf die bevorstehenden Kommunal- und Europawahlen dazu aufzurufen, Rechtsextremisten keine Stimme zu geben, wenn sich dieser Aufruf gegen die AfD richtet. Das VG lehnte den Antrag nun ab.
Es fehle vorliegend an der erforderlichen Gefahr eines zukünftigen rechtswidrigen Eingriffs, begründete das Gericht seinen Beschluss, der LTO vorliegt. Nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls lasse sich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen, dass eine Verletzung des staatlichen Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebots zu Lasten der AfD durch die Stadt Freiburg drohe.
Stadt Freiburg: Oberbürgermeister werde sich weiterhin gegen Rechtsextremismus einsetzen
Die Stadt habe im gerichtlichen Verfahren verbindlich erklärt, nicht erneut in Bezug auf die AfD dazu aufzurufen, keine rechtsextremen Parteien zu wählen. Sie habe zugegeben, sich mit der Warnung vor Rechtsextremisten auf die AfD bezogen zu haben, heißt es in dem Beschluss des VG.
Dahingehend teilte sie im Verfahren mit, ihr Oberbürgermeister werde sich auch weiterhin in allgemeiner Form gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie einsetzen, wozu auch der Aufruf, "keine Stimme den Rechtsextremisten" gehören könne. Die Stadt werde aber solche Äußerungen nicht mehr in Bezug auf konkrete Parteien in hoheitlicher Funktion tätigen. Damit habe sie verbindlich erklärt, sich nicht mehr in einer vom Unterlassungsbegehren umfassten weise zu äußern, so das Gericht.
Gegen einen zukünftigen rechtswidrigen Eingriff spreche auch, dass die Stadt die indirekte Bezugnahme auf die AfD in den Social-Media-Posts nach der außergerichtlichen Unterlassungsaufforderung umgehend gelöscht habe, schreibt das VG. Auch sei der Kreisverband durch die Antragsablehnung nicht rechtsschutzlos. Denn sie könne die Rechtmäßigkeit im Klageweg nachträglich überprüfen lassen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
hes/LTO-Redaktion
"Keine Stimme den Rechtsextremisten!": . In: Legal Tribune Online, 22.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54186 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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