Im Dezember hatte Söder erstmals Schritte gegen Gendersprache in Bayern angekündigt, nun hat die Staatsregierung Ernst gemacht: Das Gender-Verbot an Schulen und Behörden soll "die Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenhalten".
In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden ist die Verwendung geschlechtersensibler Gendersprache künftig ausdrücklich verboten. Das Kabinett beschloss am Dienstag in seiner Sitzung in München die dafür notwendige Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Die AGO verpflichtete die staatlichen Behörden und damit auch die Schulen zwar bereits jetzt, die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung im dienstlichen Schriftverkehr anzuwenden. Diese Regelung sei nun aber nochmals "klarstellend ergänzt" worden, teilte die Staatskanzlei mit.
Nach der Regelung sind Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Gender-Gap, Genderstern, Doppelpunkt oder Mediopunkt ausdrücklich unzulässig. "Das gilt unabhängig von etwaigen künftigen Entscheidungen des Rates für deutsche Rechtschreibung zu der Frage der Verwendung von Sonderzeichen", hieß es weiter. Das Verbot gelte für die Verwaltung, Schulen und Hochschulen, vor allem für offizielle Schreiben, Internetseiten von Behörden und Schulen, Elternbriefe, Schulbücher, Internetseiten und auch Jahresberichte.
Die amtliche Regelung der Rechtschreibung ist auch Grundlage des Unterrichts an den bayerischen Schulen. Daher werde das Kultusministerium die Schulen über die präzisierten Vorgaben zur Gendersprache informieren. Zudem sollen die Vorgaben für die Lernmittel angepasst werden.
Lehrkräfte dürfen nicht gendern, Schüler dürfen neugierig sein
Damit richtet sich das nunmehr explizite Verbot vor allem an die Lehrkräfte, betonte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU): im gesamten dienstlichen Schriftverkehr, also auch bei Schreiben an Eltern, der kompletten internen Kommunikation und im Unterricht. Das sei eine klare und konsequente Linie, "die wir mit Augenmaß verfolgen". Besonders wichtig sei es der Staatsregierung, dass niemand benachteiligt werde, wenn er oder sie auf geschlechtersensible Sprache verzichte.
Der Bayerische Lehrerverband erklärte, er begrüße die Gendervorgaben weitestgehend, hätte sich aber mehr Selbstbestimmung und entsprechende Freiheiten für die Schulen vor Ort gewünscht. Immerhin seien "die befürchteten weitergehenden Verbote ausgeblieben", sagte Verbandspräsidentin Simone Fleischmann.
Wichtig sei, dass die Schulen frei im mündlichen Sprachgebrauch blieben und die Schülerinnen und Schüler nicht um ihre Noten fürchten müssten, "wenn sie neugierig sind, Fragen stellen und sich um eine geschlechtergerechte Sprache bemühen". Auch künftig seien die Lehrkräfte nicht verpflichtet, das Gendern von Texten mittels Sonderzeichen als Fehler zu werten. Laut Herrmann sollen Gender-*, Gender_Gap und Co. zwar nur "als nicht korrekt" angestrichen, nicht aber als Fehler gewertet werden.
Verbot soll "Diskursräume offenhalten"
Halten sich Lehrkräfte nicht an die Vorgaben, drohten ihnen als Landesbeamte dienstrechtliche Konsequenzen, so Herrmann. Kommunale Behörden müssen sich dagegen praktisch nicht an die neuen Vorgaben halten, räumte Herrmann ein. Er gehe aber von einer Signalwirkung aus, wenn der Freistaat hier derart vorangehe. Welche Konsequenzen etwa Lehrern drohen, wenn sie sich nicht an die Regelungen halten, erklärte er nicht. Auf Nachfrage sagte Herrmann, das Verbot sei nun als Standard festgeschrieben. Ob es in fünf oder zehn Jahren eine andere Regelung brauche, werde man sehen. Man könne auch ohne Sonderzeichen geschlechtergerecht schreiben.
"Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein", sagte Herrmann. Es gehe mit dem Verbot aber auch darum, die "Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten". Eine ideologisch geprägte Sprache wie etwa beim Gendern habe dagegen eine exkludierende Wirkung. In bestimmten gesellschaftlichen Milieus gebe es zudem viele missionarische Nutzer bei der Verwendung der Sprache, was nicht mit einer offenen Gesellschaft vereinbar sei.
Die Arbeiterwohlfahrt Bayern bewertete den Beschluss als Widerspruch zum geplanten Aktionsplan Queer: "Wir finden, jede*r soll sich selbst für oder gegen Gendern entscheiden können", teilte der Verband schriftlich mit. Eine "vielfaltssensible Sprache" sei aber wichtig, damit sich alle Menschen angesprochen fühlten, und bekannt sei, dass Sprache Denkmuster präge und Stereotype aufbrechen könne.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren zuletzt mit Beschluss vom 15. Dezember 2023 nicht empfohlen und darauf hingewiesen, dass es sich um Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie handelt, die die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen können. Der Rat kann selbst keine rechtsverbindlichen Anordnungen treffen. Seine Empfehlungen bilden aber die Grundlage von Beschlüssen der Kultusministerkonferenz, auf der die Bildungspolitik zwischen den Ländern koordiniert wird.
mk/dpa/LTO-Redaktion
Söders Kabinett setzt Ankündigung um: . In: Legal Tribune Online, 19.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54150 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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