Die Besteuerung einer 2009 erfolgten Grundstücksübertragung unter eingetragenen Lebenspartnern stellt einen Gleichheitsverstoß dar gegenüber der Steuerbefreiung bei Ehegatten. Zu diesem Ergebnis kam das Finanzgericht Niedersachsen und gewährte einem Betroffenen vorläufigen Rechtsschutz. Die grunderwerbsteuerliche Gleichstellung von Ehe- und Lebenspartnern ab 2010 sei nicht ausreichend.
Hintergrund: Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2010 zwar eine grunderwerbsteuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten geregelt. Die Neufassung des Grunderwerbsteuergesetzes gilt jedoch - anders als die vergleichbare Regelung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht - nicht rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle ab Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1.8.2001, sondern erst ab Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes am 14.12.2010.
In der Sache folgt das Finanzgericht (FG) den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seinem Beschluss zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (Beschl v. 21.7.2010, Az. 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07) und überträgt dies auf die Grunderwerbsteuer. Nach Auffassung des BVerfG ist eine Differenzierung vor allem nicht dadurch gerechtfertigt, dass grundsätzlich nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen können, denn die Privilegierung von Ehegatten ist gerade nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig.
Das Gericht hat im Übrigen ausführlich zur Frage des vorläufigen Rechtsschutzes im Fall von ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes Stellung bezogen.
In diesen Fällen machen viele Finanzgerichte und viele Senate des Bundesfinanzhofs (BFH) den vorläufigen Rechtsschutz regelmäßig von einem „besonderen berechtigten Interesse des Antragstellers" abhängig. Zur Begründung verweist der BFH u.a. darauf, dass jedem verfassungsgemäß zustande gekommenem Gesetz zunächst ein Geltungsanspruch zukomme, der nicht ohne Weiteres durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestört werden dürfe. Danach müsse immer eine Interessenabwägung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den Individualinteressen des Bürgers vorgenommen werden.
Das FG Niedersachsen ist dieser Rechtsprechung entgegengetreten. Zur Begründung verweist es u.a. auf das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Gerade in Verfahren mit Fragen verfassungsrechtlicher Zielsetzung könne effektiver Rechtsschutz nur gewährt werden, wenn den Individualinteressen des Bürgers Vorrang eingeräumt werde. Dies habe auch das BVerfG in seiner Rechtsprechung immer wieder hervorgehoben (z.B. Beschl. v. 19.6.1973 - 1 BvL 39/69 und 1 BvL 14/72). Diese Sichtweise könne es - so das NFG - dann möglicherweise auch dem BVerfG erleichtern, von seiner „pro-futuro-Rechtsprechung" abzurücken, so wie dies schon bei den Entscheidungen des BVerfG zur Pendlerpauschale und zum häuslichen Arbeitszimmer nach Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zum Ausdruck gekommen sei (vgl FG Niedersachsen, Beschl. v. 2.3.2007, Az. 7 V 21/07 und v. 2.6.2009, Az. 7 V 76/09).
Das Gericht hat die Beschwerde zum BFH nicht zugelassen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass mit der Entscheidung den Ausführungen des BVerfG zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten gefolgt werde und zudem die Rechtsprechung des BVerfG zum vorläufigen Rechtsschutz bindend sei (Beschl. vom 06.01.2011, Az. 7 V 66/10).
LTO-Redaktion/cdü
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FG Niedersachsen: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2592 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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