Das FG Münster hat ernstliche Zweifel an der Besteuerung von Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt, geäußert. In einem am Freitag veröffentlichten Beschluss kritisierte es die unzureichende Neuregelung der entsprechenden Vorschriften im Jahressteuergesetz 2010.
Das Finanzgericht (FG) monierte, dass der Gesetzgeber auf eine umfassende gesetzgeberische Neuregelung zur steuerlichen Behandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen verzichtet habe. Zwar sei der Gesetzgeber befugt, grundlegende Systemwechsel herbeizuführen. Allerdings bedürfe es hierfür eines "wirklich neuen Regelwerkes" mit einem Mindestmaß von Ansätzen neuer Prinzipien- oder Systemorientierung (Beschl. v. 27.10.2011, Az. 2 V 913/11 E).
Im Streitfall hatte die Antragstellerin im Jahr 2008 Erstattungszinsen (§ 233a AO) für die Jahre 2001 bis 2003 erhalten. Das Finanzamt besteuerte die Zinsen nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Diese Vorschrift sei gem. § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG auf alle Fälle anwendbar, in denen die Steuer – wie im Streitfall – noch nicht rechtskräftig festgesetzt sei.
Die Antragstellerin sah dies anders und beantragte beim Finanzgericht, die Vollziehung der streitigen Steuer für die Erstattungszinsen auszusetzen, da die durch das JStG 2010 angeordnete Rückwirkung der Neuregelung nicht im Einklang mit dem Grundgesetz stehe.
Das FG gab der Antragstellerin Recht. Der Gesetzgeber habe durch die isolierte Begründung der Steuerpflicht für Erstattungszinsen im JStG 2010 die bis dahin geltende Gleichbehandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen aufgehoben. Hierfür bedürfe es aber einer systematischen Klarstellung, Ergänzung oder Änderung weiterer Vorschriften. Als Beispiel nannte das FG den § 12 Nr. 3 EStG, der die Nichtabzugsfähigkeit von Nachzahlungszinsen festschreibt. Unklar sei, welche Bedeutung dieser Regelung im Hinblick auf das Leistungsfähigkeits-, das Netto- und das Veranlassungsprinzip zukommen solle.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das FG die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
tko/LTO-Redaktion
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FG Münster: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4839 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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