Der 2. Senat des FG Münster hat in zwei am Montag veröffentlichten Urteilen klargestellt, dass Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt, ungeachtet der durch das Jahressteuergesetz 2010 eingefügten Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG nicht steuerpflichtig sind. Dies gilt nach Auffassung des Senates auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind, in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren.
In den Streitfällen hatten die Kläger in den Jahren 1992 bzw. 1996 Erstattungszinsen erhalten. Zugleich hatten sie in ihrer Steuererklärung auch Nachzahlungszinsen geltend gemacht. Das Finanzamt besteuerte die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und berücksichtigte die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben. Im Jahr 2010 beantragten die Kläger sodann unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofes (Urt. v. 15.06.2010, Az. VIII R 33/07), die Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen.
Der 2. Senat des Finanzgerichts (FG) Münster gab den Klägern jetzt Recht (Urt. v. 10.05.2012, Az. 2 K 1947/00 E, 2 K 1950/00 E). Der Gesetzgeber habe mit § 12 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) die Grundentscheidung getroffen, Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen. Dies habe auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 15. Juni 2010 so gesehen. Soweit der BFH dies auch unter Hinweis auf den ab 1999 bestehenden Gleichklang zwischen der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen einerseits und der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen andererseits begründet habe, folge hieraus nicht, dass Erstattungszinsen steuerbar seien, solange Nachzahlungszinsen – wie in den Streitjahren – noch als Sonderausgaben abzugsfähig gewesen seien. Ein solcher Umkehrschluss verstieße gegen die Grundentscheidung des § 12 Nr. 3 EStG und stellte eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.
Auf die Frage, ob die durch das Jahressteuergesetz 2010 als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH neu eingefügte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, die Erstattungszinsen ausdrücklich den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordne, auch rückwirkend auf die Streitjahre Anwendung finde, komme es nicht an. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sei keine Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG. Vielmehr gehe § 12 Nr. 3 EStG als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift § 20 Abs. 1 EStG vor.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum BFH zugelassen.
age/LTO-Redaktion
FG Münster zu Steuererstattungen: . In: Legal Tribune Online, 16.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6625 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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