Einer zahlungsunfähige Rechtsanwältin hat das FG Düsseldorf einen Anspruch auf Erlass von Steuerschulden zugestanden. Sie war unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten und ihr drohte der Verlust der Anwaltszulassung.
Auf Drängen ihres Vaters hatte die Anwältin 2004 die treuhänderische Verwaltung von dessen Gesellschaftsanteilen übernommen, die Geschäftsführung faktisch jedoch vollumfänglich ihrem bevollmächtigten Vater überlassen. Ab Ende 2005 entnahm der Vater unberechtigt Zahlungsmittel aus der Gesellschaft, sodass diese Mitte 2006 insolvenzreif war. Dies erfuhr die Anwältin erst Anfang 2007 und stellte umgehend Insolvenzantrag.
Mitte 2008 schrieb die Klägerin alle Schuldner an und bot ihnen unter Darlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse den Abschluss eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans an. Dabei stellte sie gegen Befreiung von der Restschuld die Abtretung ihrer pfändbaren Gewinne aus selbständiger Tätigkeit für mehrere Jahre in Aussicht.
Außerdem informierte sie die Gläubiger über ein von der Rechtsanwaltskammer nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO eröffnetes Verfahren zum Entzug der Rechtsanwaltszulassung, dessen Ausgang lediglich von der Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan abhänge. Bis auf das Finanzamt stimmten alle Gläubiger zu. Der ablehnende Bescheid verneint eine Erlassmöglichkeit nach § 227 AO.
Ein Erlass von Steuerschulden gem. § 227 Abs. 1 AO kommt in Betracht, wenn es bei ihrer Erhebung zu einer persönlichen Unbilligkeit käme. Voraussetzungen dafür ist, dass die Steuererhebung die persönliche oder wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder gefährden würde und die Steuerrückstände unabhängig von der bisherigen Tätigkeit entstanden sind.
Nach Ansicht des 4. Senats des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf hat die Klägerin jedoch einen Anspruch auf Zustimmung zu dem Schuldenbereinigungsplan und einen Erlass im Übrigen. Eine den Erlass hindernde Erlassunwürdigkeit läge nicht vor und die anderen Voraussetzungen seien ebenfalls gegeben. Ohne den Teilerlass käme es zu einem Insolvenzverfahren und damit zu einem Entzug der Zulassung. Mithin sei die wirtschaftliche Existenz der Klägerin als Rechtsanwältin gefährdet. Ein Verweis auf eine volljuristische Tätigkeit ohne anwaltliche Zulassung sei der Klägerin im Hinblick auf Art. 12 GG nicht zuzumuten (Az. 4 K 212/10 AO)
FG Düsseldorf: . In: Legal Tribune Online, 27.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1575 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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