Das Unionsrecht verbietet Diskriminierungen wegen Adipositas nicht ausdrücklich. Unter bestimmten Umständen kann Fettleibigkeit aber unter den Begriff der Behinderung fallen, entschied der EuGH am Donnerstag. Ob das einem Dänen, der aktuell wegen seiner Entlassung klagt, den erhofften Schadensersatz bringt, ist noch offen. Er geht davon aus, den Job aufgrund seiner Leibesfülle verloren zu haben.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Adipositas bei bestimmten Umständen unter den Begriff der Behinderung fallen und somit als Diskriminierung nach dem Unionsrecht verboten sein kann. Ob dies bei einem Dänen der Fall ist, der in seinem Land einen arbeitsrechtlichen Streit austrägt, muss das anfragende Gericht in Kolding aber noch prüfen (Urt. V. 18.12.2014, Az. C-354/13).
Der Mann hatte 15 Jahre als Betreuer von Kindern gearbeitet, Arbeitgeber war die Gemeinde Billund. Im November 2010 löste sie das Arbeitsverhältnis einseitig auf. Sie begründete dies damit, dass die Zahl der betreuungsbedürftigen Kinder schwinde. Warum die Wahl aber auf den adipösen Mitarbeiter fiel, wollte die Gemeinde offenbar nicht darlegen. Die Parteien streiten nun darüber, ob die Fettleibigkeit ausschlaggebend war. Die für den Mann handelnde Gewerkschaft sieht eine rechtswidrige Diskriminierung wegen Adipositas und fordert Schadensersatz.
Das dänische Gericht wollte die streitige Frage einer verbotenen Diskriminierung jedenfalls nicht von vornherein ausschließen und fragte den EuGH um Rat. Der antwortete am Donnerstag und stellte fest, dass das Unionsrecht eine Diskriminierung wegen Fettleibigkeit eigentlich nicht verbiete. Jedenfalls nicht ausdrücklich. Sie könne aber dann rechtswidrig sein, wenn man in ihr eine Behinderung erkennt. Das sei unter bestimmten Umständen möglich, so die Richter. Nämlich dann, wenn die Adipositas eine solche Einschränkung mit sich bringt, dass der Betroffene nicht mehr voll und wirksam am Berufsleben teilhaben kann und insoweit nicht mit anderen Angestellten gleichberechtigt ist. Diese Einschränkung müsse aber in psychischer, geistiger oder physischer Hinsicht von langer Dauer sein, damit man von einer Behinderung sprechen könne.
Die Ursache einer Behinderung ist regelmäßig unbeachtlich, so der EuGH. Das widerspräche dem Ziel der Richtlinie. Daher darf es für die Beurteilung von Adipositas auch keine Rolle spielen, woher diese rührt, entschieden die Richter.
So ist es also grundsätzlich möglich, dass der streitende Däne in verbotener Weise diskriminiert wurde, wenn er aufgrund seiner Fettleibigkeit als behindert angesehen werden kann. Dieser vom EuGH nicht entschiedenen Frage muss das dänische Gericht nun nachgehen.
una/LTO-Redaktion
EuGH erkennt Fettleibigkeit als Behinderung an: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14154 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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