2/2: USA kein sicherer Hafen für Daten
Zwar seien die nationalen Kontrollstellen rechtlich an die Entscheidung der Kommission gebunden, doch folge daraus nicht, dass Beschwerden sofort und ohne jede Prüfung ihrer Begründetheit zurückzuweisen seien.
Falls in einem Drittland, in das personenbezogene Daten übermittelt werden, systemische Mängel festgestellt werden, müsse ein Mitgliedstaat Maßnahmen ergreifen können, um die von der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützten Grundrechte seiner Bürger zu wahren, so Yves Bot.
Die Entscheidung der Kommission, die USA als sicheren hafen anzuerkennen, hält er für nicht mehr tragfähig. Das Recht und die Praxis der USA gestatteten es, die übermittelten personenbezogenen Daten von Unionsbürgern in großem Umfang zu sammeln, ohne dass sie über einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz verfügen.
Bot: Safe Harbor hätte ausgesetzt werden müssen
In Anbetracht der derzeitigen Lage und der potentiellen Grundrechtsverletzungen bei der Datenübermittlung hätte die Kommission nach Auffassung des Generalanwalts die Anwendung der Entscheidung aussetzen müssen. Das war insbesondere nach PRISM verschiedentlich und unter anderem auch vom EU-Parlament gefordert, bislang aber nicht umgesetzt worden.
Yves Bot ging in seinem deutlichen Plädoyer auch auf die laufenden Verhandlungen zwischen der EU und den USA über neue Standards zum transatlantischen Datenaustausch ein: Die Kommission habe schließlich gerade deshalb beschlossen, Verhandlungen mit den USA aufzunehmen, weil sie zuvor zu der Erkenntnis gelangt war, dass das im Rahmen der Safe-Harbour-Regelung gewährleistete Schutzniveau nicht mehr angemessen ist, und dass die Entscheidung aus dem Jahr 2000 der tatsächlichen Lage nicht mehr gerecht wird.
Die nicht-öffentlichen Verhandlungen sollen kurz vor dem Abschluss stehen und unter anderem auch Safe Harbor betreffen. Erst vor wenigen Tagen erklärte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff, dass sie hoffe, "dass die bereits mehrere Jahre andauernden Verhandlungen zwischen der EU und den USA zum Thema Safe Harbor ebenfalls zeitnah zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden". Durch die Schlussanträge des Generalanwalts, an welche der EuGH nicht gebunden ist, dürfte das nicht einfacher geworden sein.
acr/LTO-Redaktion
Facebook-Streit: Kritische Schlussanträge des Generalanwalts: . In: Legal Tribune Online, 23.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16980 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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