Ungarn und die Slowakei gehen vor dem EuGH gegen den europäischen Verteilungsmechanismus für Geflüchtete vor. Nun hat sich der Generalanwalt dafür ausgesprochen, die Klagen abzuweisen.
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Yves Bot, hat den Richtern in seinen Schlussanträgen vorgeschlagen, die Klagen von Ungarn und der Slowakei gegen den vorläufigen Mechanismus zur Verteilung von Geflüchteten in der Europäischen Union (EU) abzuweisen (Antr. v. 26.07.2017, Az. C-643/15; C-647/15).
Die beiden Staaten hatten einen Beschluss des Rates der EU (2015/1601) angegriffen, der im Zuge der der Flüchtlingskrise am 22. September 2015 ergangen war. Er sieht vor, dass Italien und Griechenland als Hauptbetroffenen bei der Bewältigung des gewaltigen Zustroms geholfen werden sollte, indem die Ankommenden nach einem europäischen Mechanismus umverteilt werden. Dazu sollten 120.000 Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigten, über einen Zeitraum von zwei Jahren aus diesen beiden Mitgliedstaaten in die anderen Mitgliedstaaten der Union umgesiedelt werden.
Grundlage des Beschlusses war Art. 78 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Dieser erlaubt es dem Rat, auf Vorschlag der Kommission vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um Mitgliedstaaten zu helfen, die sich aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in einer Notlage befinden. Dazu ist zusätzlich eine Anhörung des Europäischen Parlaments nötig.
Zahlreiche Staaten treten Streit bei
Ungarn und die Slowakei, die wie auch die Tschechische Republik und Rumänien gegen den Beschluss gestimmt hatten, hielten den Beschluss sowohl formell als auch materiell für fehlerhaft und beantragten beim EuGH, ihn für nichtig zu erklären. Polen trat dem Rechtsstreit auf Seiten der beiden Antragsteller bei, während Belgien, Deutschland, Griechenland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweden und die Kommission den Rat als Streithelfer unterstützten.
Zum einen stützten sich die Antragsteller darauf, dass der Beschluss als Gesetzgebungsakt zu qualifizieren sei und daher nicht auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 3 AEUV hätte erlassen werden dürfen. Begründet wurde dies damit, dass er Änderungen an mehreren unionsrechtlichen Gesetzgebungsakten wie der Dublin-III-Verordnung vornehme. Für einen Gesetzesakt hätten auch besondere Anforderungen hinsichtlich der Beteiligung der nationalen Parlamente gegolten.
Zudem habe der Rat zwischenzeitlich wesentliche Änderungen an dem Beschluss vorgenommen, weshalb der das Parlament erneut hätte anhören müssen. Außerdem hätte er einstimmig entscheiden müssen.
Schlussanträge vor dem EuGH: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23625 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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