Im Streit darum, ob man online gekaufte Matratzen nach dem Öffnen der Versiegelung zurückgeben kann, legte der BGH dem EuGH vor. Dessen Generalanwalt bejahte diese Frage nun, denn Verbraucher seien im Fernabsatzgeschäft besonders zu schützen.
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Saugmandsgaard Øe kommt in seinen Schlussanträgen vom Mittwoch zu dem Ergebnis, dass Verbrauchern ein Widerrufsrecht für online gekaufte Matratzen zusteht - und zwar auch dann, wenn sie diese bereits aus der Versiegelung entnommen haben (Schlussantr. v. 19.12.2018, Az. C 681-17).
In dem Verfahren geht es um ein Vorabentscheidungsgesuch des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe. Vor diesem streiten sich Käufer und Verkäufer um eine online bestellte Matratze. Die Ware hatte der Käufer online beim Verkäufer bestellt und nach Erhalt ausgepackt, um sie zu prüfen. Weil sie ihm daraufhin nicht zusagte, wollte er diese an den Verkäufer zurückschicken. Der allerdings verweigerte die Rücknahme mit der Begründung, dass mit dem Öffnen der Versiegelung ein hygienisches Risiko bestehe und die Matratze nicht wieder in Verkehr gebracht werden könne.
Im Detail geht es um Art. 16 der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechte-RL), der ein Widerrufsrecht für bestimmte Waren ausschließt. Das gilt gemäß dem Buchst. e) der Norm für "versiegelte Waren […], die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rücknahme geeignet sind", wenn "deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde".
Der BGH möchte vom EuGH wissen, ob diese Ausnahme Waren erfasst, die – wie Matratzen – beim Gebrauch in direkten Kontakt mit dem menschlichen Körper kommen können, jedoch gleichwohl durch eine geeignete Reinigung wieder verkehrsfähig gemacht werden können.
Generalanwalt: Ausgepackte Matratzen nicht automatisch verkehrsuntauglich
Saugmandsgaard empfiehlt den Luxemburger Richtern in seinen Schlussanträgen, diese Frage zu verneinen. Danach würden Verbraucher in diesem Fall ihr Widerrufsrecht behalten. Der Generalanwalt begründet seine Auffassung damit, dass Matratzen ähnlich wie Kleidungsstücke zum Ausprobieren beziehungsweise zur Anprobe in Kontakt mit dem menschlichen Körper kommen – und für Kleidungsstücke sehe die Verbraucherrechte-RL ein Widerrufsrecht vor.
Für ein Widerrufsrecht des Verbrauchers spreche ebenso, dass er wegen des Wesens von Fernabsatzgeschäften besonders geschützt sein müsse, da er die Ware erst nach Bestellung ausprobieren könne. Ebenso sei auch nicht ersichtlich, warum eine so geöffnete Matratze automatisch endgültig nicht mehr verkehrsfähig sein sollte. In Hotels würden Betten beispielsweise durch aufeinanderfolgende Gäste genutzt, es gebe einen Sekundärmarkt für gebrauchte Matratzen und auch eine Reinigung dieser sei in den meisten Fällen ausreichend, um sie wieder verkehrsfähig zu machen.
Letztlich habe der Verkäufer auch immer noch die Möglichkeit, im Falle eines übermäßigen Gebrauchs der Matratze durch den Käufer vor der Rückgabe Wertersatz zu verlangen.
ms/LTO-Redaktion
Generalanwalt am EuGH: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32827 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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