Der EuGH hat einen Beschluss der Kommission bestätigt, nach dem Beihilfen des Vereinigten Königreichs zur Förderung eines Atomkraftwerks mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Ein Mitgliedstaat dürfe seinen eigenen Energiemix wählen.
Großbritannien darf den Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C mit staatlichen Beihilfen fördern. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden und eine Klage Österreichs als unbegründet zurückgewiesen.. Anders als von der Regierung in Wien argumentiert, müsse mit staatlichen Beihilfen nicht ein Ziel von gemeinsamem Interesse wie etwa dem Ausbau erneuerbarer Energien verfolgt werden, entschieden die Richter in Luxemburg, wie das Gericht am Dienstag mitteilte (EuGH, Urt. v. 22.09.2020, Az. C-594/18P).
Hinkley Point C in der südwestenglischen Grafschaft Somerset ist der erste AKW-Neubau in Großbritannien seit Jahrzehnten. Das Werk soll 2023 ans Netz gehen und 60 Jahre laufen. Aus Sicht Österreichs, das keine Atomkraftwerke hat, sind alternative Energieformen förderungswürdig, nicht aber die Kernkraft.
Die EU-Kommission hatte die Staatsbeihilfen 2014 genehmigt. Dabei geht es unter anderem um eine garantierte Ausgleichszahlung für den AKW-Betreiber, falls das Kraftwerk aus politischen Gründen vorzeitig abgeschaltet wird. Großbritannien hatte den Betreibern einen hohen garantierten Einspeisetarif für 35 Jahre zugesagt. Österreich ging gegen den Kommissionsbeschluss beim Gericht der Europäischen Union (EuG) mit einer Nichtigkeitsklage vor, die im Jahr 2018 abgewiesen wurde. Damals war das Vereinigte Königreich noch Mitglied der Europäischen Union. Die Richter des EuGH haben sich nun in zweiter Instanz damit befasst und schließlich das von Österreich eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen.
Kein Ziel von gemeinsamem Interesse erforderlich
Die europäischen Richter haben sich mit der Frage beschäftigen müssen, unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe nach Art. 107 Abs. 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden kann. Anders als von den österreichischen Vertretern argumentiert, sind sie zu dem Schluss gekommen, dass die geplante Beihilfe kein Ziel von gemeinsamem Interesse verfolgen muss. Dementsprechend wurde das Vorbringen Österreichs, der Bau eines Kernkraftwerks sei kein Ziel von gemeinsamem Interesse, abgewiesen.
Der EuGH bestätigte außerdem die Auffassung der Vorinstanz, dass jeder EU-Mitgliedsstaat das Recht habe, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen. Eine Entscheidung für die Kernenergie werde in der Vorschrift des Art. 194 Abs. 2 UA 2 AEUV nicht ausgeschlossen.
pdi/dpa/LTO-Redaktion
EuGH weist Österreichs Klage ab: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42864 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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