EuGH zur Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen: Auch der Urlaub zählt

13.01.2022

Nimmt man bezahlten Urlaub, darf sich das nicht negativ auf Mehrarbeitszuschläge auswirken. Das könnte Arbeitnehmer abschrecken, sich den Urlaub überhaupt zu nehmen, so der EuGH in einem deutschen Fall. Den muss nun das BAG entscheiden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte von Zeitarbeitern bei der Berechnung von Zuschlägen für Mehrarbeit gestärkt. Regelungen in Tarifverträgen, nach denen genommener bezahlter Jahresurlaub bei der Kalkulation von Mehrarbeitszuschlägen nicht berücksichtigt wird, verstoßen gegen EU-Recht, wie aus einem Urteil des höchsten EU-Gerichts in Luxemburg vom Donnerstag hervorgeht (Urt. v. 13.1.2022, Rs. C-514/20).

Hintergrund ist ein Streit um den Manteltarifvertrag für Zeitarbeit in Deutschland, der vom Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging. Der Tarifvertrag sieht vor, dass in Monaten mit 23 Arbeitstagen ab einer geleisteten Arbeitszeit von mehr als 184 Stunden ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent gezahlt wird. Unter die geleisteten Stunden fallen jedoch nur tatsächlich erbrachte Stunden, aber nicht die Urlaubszeit.

Ein Leiharbeiter klagte dagegen. Er hatte im August 2017 an 13 Tagen gearbeitet und für die verbleibenden zehn Arbeitstage bezahlten Urlaub genommen.

Regelung kann davon abhalten, Urlaub zu nehmen

Der EuGH stellte sich nun hinter den Arbeitnehmer - auch, wenn im konkreten Fall noch das BAG entscheiden muss. Die Richterinnen und Richter in Luxemburg betonten, dass die fragliche Regelung den Arbeitnehmer davon abhalten könne, in dem Monat, in dem er "Überstunden erbracht hat", bezahlten Urlaub zu nehmen.

Jedoch sei das Ziel des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, dass der Arbeitnehmer Zeit zur Erholung habe, um seine Sicherheit und seine Gesundheit zu schützen. Jede Praxis oder Unterlassung eines Arbeitgebers, die Arbeitnehmer davon abhalten könne, bezahlten Jahresurlaub zunehmen, verstoße gegen dieses Ziel.

Der EuGH bezieht sich dabei auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Darin ist geregelt, dass die Mitgliedstaaten erforderliche Maßnahmen treffen müssen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Jahresmindesturlaub von vier Wochen erhält. Diese Regelung sei im Lichte von Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta (GrCh) auszulegen, der jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin ein Recht auf einen bezahlten Jahresurlaub zuspricht.

pdi/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

EuGH zur Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen: . In: Legal Tribune Online, 13.01.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47197 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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