Geschützte Ursprungsbezeichnungen schützen nicht nur den Namen, sondern unter Umständen auch die Form von Lebensmitteln. Dies hat der EuGH in einem Streit um französischen Morbier-Käse entschieden.
Geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.) können auch das visuelle Erscheinungsbild von Lebensmitteln erfassen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag und verwies einen Streit um die Käsesorte "Morbier" zurück nach Frankreich (Urt. v. 17.12.2020, Az. C-490/19).
Die französische Käsesorte Morbier zeichnet sich charakteristisch durch einen schwarzen Streifen, der den Käse in zwei Teile teilt, aus. In diesem Stile produziert ein Hersteller, der außerhalb des Morbier-Gebiets ansässig ist, seit 1979 einen ähnlichen Käse, allerdings unter einer anderen Bezeichnung. Dafür wurde der Hersteller vom Verband zur Verteidigung des Morbier-Käses verklagt. Nach Ansicht des Verbands handele der Hersteller unlauter und nutze den guten Ruf des Morbier aus.
Das französische Berufungsgericht wies die Klage jedoch ab. Mit einer g.U. solle nicht das Erscheinungsbild eines Erzeugnisses, sondern dessen Name geschützt werden. Ein Erzeugnis nach denselben Techniken herzustellen, sei nicht verboten, so das Gericht. Auf Beschwerde des Verbandes legte der französische Kassationsgerichtshof dem EuGH dann mehrere Fragen zur Auslegung der entsprechenden Verordnungen vor.
"Herkunftsangaben genießen einen Sonderschutz"
Der EuGH entschied nun, dass die geschützte Ursprungsbezeichnung auch die Form beziehungsweise das Erscheinungsbild des Käses erfassen kann. "Dies ist dann der Fall, wenn diese Wiedergabe geeignet ist, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des fraglichen Erzeugnisses irrezuführen", hieß es in einer Gerichtsmitteilung. Das französische Gericht müsse unter anderem prüfen, ob die Form des Morbier eine "besonders unterscheidungskräftige Referenzeigenschaft" darstelle.
"Hersteller herkunftsgeschützter Lebensmittel können sich umfassender gegen Nachahmungen zur Wehr setzen als bislang angenommen", kommentiert Dr. Jonas Kiefer, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland im Bereich Intellectual Property, die Entscheidung. "Das Urteil zeigt einmal mehr: EU-geschützte Herkunftsangaben genießen einen Sonderschutz, der – anders als etwa der Markenschutz – auch diverse produkttypische Eigenschaften erfasst." Insbesondere Hersteller von Produkten mit prägnantem Erscheinungsbild dürften sich mit dem Urteil über einen besonders intensiven Schutz freuen, so Kiefer.
acr/LTO-Redaktion
EuGH zu geschützter Ursprungsbezeichnung von Lebensmitteln: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43766 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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