Verletzt es die moralischen und religiösen Werte der Bevölkerung, wenn man für die Aufbewahrung von Ascheurnen an private Unternehmen, statt an Behörden zahlt? Nein, findet der EuGH in einem Fall aus Italien.
Die Italienische Regierung darf privaten Unternehmen nicht verbieten, die Aufbewahrung von Aschurnen anzubieten. Eine solche Regelung stelle eine ungerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch (Urt. v. 14.11.2018, Az. C-342/17).
Anders als in Deutschland ist es in Italien neben der Möglichkeit einer Friedhofsbestattung auch erlaubt, Urnen mit der Asche von Angehörigen zuhause aufzubewahren. Als weitere Alternative bieten private Unternehmen Gedenkräume an, in denen Angehörige die Urnen verwahren und besuchen können. Die norditalienische Stadt Padua hatte es solchen Anbietern 2015 untersagt, Urnen mit Asche aufzubewahren.
Vor dem EuGH begründete die italienische Regierung die Beschränkung mit dem Allgemeininteresse am Schutz der öffentlichen Gesundheit, am Erfordernis, die gebührende Achtung des Andenkens an die Verstorbenen sicherzustellen, und mit dem Schutz der in Italien vorherrschenden moralischen und religiösen Werte, die der Aufbewahrung von sterblichen Überreste mit Gewinnerzielungsabsicht angeblich entgegenstehen würden.
Keine Gefahrenabwehr gegen sterile Asche
Eine Rechtfertigung für des Verbot sei das aber nicht, befand der EuGH. Von steriler Asche gehe keine Gefahr aus, die Aufbewahrung könne deshalb keine auf Erwägungen des Gesundheitsschutzes beruhende Verpflichtung darstellen. Zudem könnten private Anbieter das Andenken der Verstorbenen gleichwertig schützen, etwa indem eine Aufbewahrung unter gleichen Bedingungen wie auf den Gemeindefriedhöfen sichergestellt werde.
Von dem Argument der moralischen und religiösen Werte hielt der EuGH ebenfalls nicht viel. Die Aufbewahrung der Asche unterliege in Italien sowieso Gebühren, die von den Behörden festgelegt werden. Die Öffnung für private Unternehmen könnte derselben gebührenrechtlichen Regelung unterstellt werden, schlug das Gericht vor. Denn die Gebühren sehe Italien " für sich genommen offenbar nicht als seinen moralischen und religiösen Werten widersprechend" an.
acr/LTO-Redaktion
EuGH zu den religiösen und moralischen Werten Italiens: . In: Legal Tribune Online, 14.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32097 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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