EuGH zu rauchfreien Zigarettenalternativen: Deut­sche Zusatz­steuer für Iqos, Terea & Co. ist recht­mäßig

14.03.2024

Der EuGH hat am Donnerstag entschieden, dass die neue deutsche Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak mit EU-Recht vereinbar ist. Sie verfolge einen legitimen Zweck: Nikotinabhängige sollen Zigaretten nicht einfach günstiger ersetzen können.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat am Donnerstag schlechte Neuigkeiten für Hersteller von Produkten wie beispielsweise den Verdampfern "Iqos" oder dazugehörigen Tabakwaren wie etwa "Terea" verkündet: Die deutsche Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak, die seit Januar 2022 zusätzlich zur herkömmlichen Tabaksteuer (konkret: der Steuer für Pfeifentabak) zu zahlen ist, ist vereinbar mit EU-Recht (Urt. v. 14.03.2024, Az. C 336/22). Der Streit um die deutsche Extrasteuer für Hersteller entsprechender Produkte wäre damit geklärt. Zum Vergleich: Die kumulierten Steuern aus herkömmlicher Tabaksteuer und der Zusatzsteuer liegen damit noch etwa 20 Prozent unter dem Steuersatz für Zigaretten.

Bis vor den EuGH geklagt hatte die f6 Cigarettenfabrik GmbH & Co. KG, eine deutsche Tochtergesellschaft von Philip Morris, dem weltweit größten privatwirtschaftlichen Hersteller von Tabakprodukten wie zum Beispiel den bekannten Marlboro-Zigaretten. Die f6 Cigarettenfabrik stellt ebenfalls Tabakwaren her, unter anderem Tabakstränge, die in ein batteriebetriebenes Heizgerät (sogenannter Tabakerhitzer) eingeführt werden. Der Unterschied zu Zigaretten: Der Tabak wird darin nicht verbrannt, sondern lediglich erhitzt. Dadurch entsteht ein nikotinhaltiges Aerosol, das von den Konsumenten über ein Mundstück inhaliert wird. Durch das Erhitzen des Tabaks unterhalb seiner Verbrennungstemperatur soll der Gehalt an gesundheitsschädlichen Stoffen in dem erzeugten Dampf im Vergleich zu herkömmlichem Zigarettenrauch erheblich reduziert sein, sagen die Hersteller.

Höhere Steuersätze seit Januar 2022

Bis zum 31. Dezember 2021 galt in Deutschland: Die zu erhitzenden Tabakstränge waren nur nach dem Steuersatz für Pfeifentabak zu versteuern. Der deutsche Gesetzgeber erhöhte die Steuerlast jedoch ab Januar 2022 um einen Betrag, den er ausdrücklich als "Zusatzsteuer" bezeichnet. Geregelt ist seitdem in § 2 Abs. 1 Nr. 5 Tabaksteuergesetz (TabStG), dass sich die auf erhitzten Tabak zu entrichtende Steuer nun aus zwei Teilen zusammensetzt: Zum einen aus der sogenannten Verbrauchsteuer, die auf der Grundlage der auf Pfeifentabak anwendbaren Berechnung bestimmt wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 TabStG), zum anderen aus der neuen Zusatzsteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 TabStG).

Die f6 Cigarettenfabrik hält diese zusätzliche Steuer für rechtswidrig. Sie erhob deshalb beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf Klage gegen ihre eigene Steueranmeldung, die sie zuvor beim zuständigen Hauptzollamt abgegeben hatte. Das Argument: Die neue deutsche Zusatzsteuer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 TabStG sei mit Unionsrecht nicht vereinbar, insbesondere nicht mit Art. 1 Abs. 2 der Verbrauchsteuer-Richtlinie (RL 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008). Die Norm erlaubt es den EU-Ländern, zusätzliche Steuern zu erheben, allerdings nur unter besonderen Voraussetzungen – und die seien nicht erfüllt, so f6.

Das mit dem Fall beschäftigte FG Düsseldorf war sich unsicher und setzte das Verfahren aus. Es legte die Frage dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor.

EuGH: Deutsche Zusatzsteuer gilt auch für Tabaksticks

Nach Art. 1 Abs. 2 der Verbrauchsteuer-RL können die Mitgliedstaaten für besondere Zwecke auf verbrauchssteuerpflichtige Waren andere indirekte Steuern erheben. Der EuGH entschied nun am Donnerstag, dass die Formulierung "für besondere Zwecke auf verbrauchssteuerpflichtige Waren andere indirekte Steuern" eine auf erhitzten Tabak anwendbare Zusatzsteuer erfasst. Die deutsche Regelung ist laut EuGH also vereinbar mit EU-Recht.

Die konkrete Begründung aus Luxemburg lautet: Erhitzter Tabak falle unter den Begriff "Rauchtabak" im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Tabakwaren-Richtlinie (RL 2011/64/EU des Rates über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren) und sei damit als "verbrauchsteuerpflichtige Ware" im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verbrauchsteuer-RL zu qualifizieren. In dieser Eigenschaft könne ein EU-Land erhitzten Tabak daher mit einer "für besondere Zwecke erhobenen anderen indirekten Steuer" belegen.

Eine solche andere indirekte Steuer könne zwar u. a. nur unter der Voraussetzung erhoben werden, dass sie "besonderen Zwecken" dient, führte der EuGH fort. Ein solcher besonderer Zweck liege aber auch vor: Die von f6 angegriffene Zusatzsteuer solle die Besteuerung von erhitztem Tabak der Besteuerung von Zigaretten annähern, um durch eine Anpassung der Steuerregelung für erhitzten Tabak Verbraucher mit einer Nikotinabhängigkeit davon abzuhalten, Zigaretten einfach durch erhitzten Tabak zu ersetzen. Letzterer möge zwar weniger, aber immer noch gesundheitsschädlich sein.

Nun ist das FG Düsseldorf wieder an der Reihe und muss in seiner Entscheidung über die Steueranmeldung der f6 Zigarettenfabrik entscheiden. Dabei muss es die Entscheidung des EuGH berücksichtigen.

cho/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu rauchfreien Zigarettenalternativen: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54114 (abgerufen am: 02.11.2024 )

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