Der EuGH hat entschieden, dass der Kauf von Staatsanleihen der EZB mit den Unionsverträgen im Einklang steht. Damit geht ein jahrelanger Rechtstreit zu Ende, der auch das BVerfG beschäftigte.
Die Europäische Zentralbank (EZB) darf zur Euro-Rettung grundsätzlich Staatsanleihen kaufen. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) am Dienstag in Luxemburg entschieden (Urt. v. 16.06.2015, Az. C-62/14). Das entsprechende Programm der Notenbank aus dem Jahr 2012 sei rechtmäßig, urteilten die Richter. "Das Programm überschreitet nicht die währungspolitischen Befugnisse der EZB und verstößt nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedstaaten", teilte der Gerichtshof mit.
Konkret ging es um den EZB-Beschluss von 2012, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen, um diese zahlungsfähig zu halten. In der Praxis hat die EZB dieses Kaufprogramm mit dem Namen "Outright Monetary Transactions" (OMT) allerdings nie genutzt. Allein die Ankündigung beruhigte die Märkte.
Auf Vorlage des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gaben die Richter am EuGH Antworten auf die Fragen, ob die Unionsverträge das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) überhaupt zum Erlass eines solchen Programms ermächtigen und ob es mit dem Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedsstaaten vereinbar ist.
OMT-Programm ist Währungspolitik
Die Richter entschieden, dass das OMT-Programm in Anbetracht seiner Ziele und der zu ihrer Erreichung vorgesehenen Mittel zum Bereich der Währungspolitik gehört und damit unter die Befugnisse des ESZB fällt. Zwar sei das OMT-Programm möglicherweise dazu geeignet, auch zur Stabilität des Euro-Währungsgebietes beizutragen – und insofern der Wirtschaftspolitik zuzurechnen, die nicht unter die Kompetenzen des ESZB fällt. Eine währungspolitische Maßnahme könne aber nicht allein deshalb einer wirtschaftspolitischen Maßnahme gleichgestellt werden, weil sie mittelbare Auswirkungen auf die Stabilität des Euro-Währungsgebiet haben kann. Selbiges hatte im Wesentlichen auch der generalanwalt in seinen Schlussanträgen erklärt.
Das Programm verstoße auch nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedsstaaten. Die Unionsverträge schlössen nicht in allgemeiner Weise die für das ESZB bestehende Möglichkeit aus, von Gläubigern eines Mitgliedsstaates Schuldtitel zu erwerben, die dieser Staat zuvor ausgegeben hat. Dieser Erwerb von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt dürfe jedoch nicht die gleiche Wirkung haben wie der unmittelbare Erwerb auf dem Primärmarkt.
OMT-Programm kein Freibrief für Staatsverschuldung
Das Verbot soll die Mitgliedsstaaten dazu anhalten, eine gesunde Haushaltspolitik zu führen. Es soll vermieden werden, dass eine monetäre Finanzierung öffentlicher Defizite oder Privilegien der öffentlichen Hand auf den Finanzmärkten zu einer übermäßigen Verschuldung oder überhöhten Defiziten der Mitgliedstaaten führen. Daher müsse die EZB, wenn sie Staatsanleihen erwirbt, ihr Tätigwerden mit hinreichenden Garantien versehen, um sicherzustellen, dass es mit dem Verbot der monetären Finanzierung im Einklang steht.
Durch diese Garantien könne ausgeschlossen werden, dass die Durchführung des OMT-Programms in der Praxis die gleiche Wirkung hat wie der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen. Die Merkmale des Programms würden den Mitgliedsstaaten auch nicht den Anreiz zur Verfolgung einer gesunden Haushaltspolitik nehmen und damit das Ziel, das dem Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedsstaaten zugrunde liegt, umgehen.
Eine ausführliche Besprechung der Entscheidung folgt im Laufe des Tages auf lto.de.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
EuGH zu umstrittenem EZB-Programm: . In: Legal Tribune Online, 16.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15869 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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