Bereits zum zweiten Mal musste das Europäische Gericht über die Schutzwürdigkeit des Designs eines Lego-Bausteins entscheiden. Erneut ging die Entscheidung zugunsten von Lego aus – ganz zum Ärger des klagenden Konkurrenten aus Deutschland.
Im Streit um das Design eines Lego-Bausteins hatte der dänische Hersteller vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) Erfolg. Der Schutz eines bestimmten Steines sei weiterhin gültig, entschieden die Richter in Luxemburg am Mittwoch (Urt. v. 24.01.2024, Az. T-537/22). Es handelt sich dabei um einen flachen Stein mit vier Noppen in der Mitte, den Lego 2010 als geschützt eingetragen hatte.
Geklagt hatte das Konkurrenzunternehmen Delta Sports aus Hamburg. Dieses hatte bereits 2016 beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) erfolglos beantragt, den Schutz des Designs für nichtig zu erklären. Gegen die Ablehnung des Antrags reichte Delta Sports Beschwerde beim EUIPO ein. Mit Erfolg: Die Beschwerdekammer der EUIPO erklärte den Schutz des Designs 2019 zunächst für nichtig.
"Form follows function" als Problem?
Als Begründung für die Nichtigkeitserklärung 2019 führte das Amt an, alle Merkmale des Steins seien ausschließlich durch seine technische Funktion bedingt. Sie dienten also dazu, dass Figuren zusammengebaut und wieder zerlegt werden können. Deshalb könne das Design des Steins nicht geschützt werden. Der Design-Leitsatz "form follows function" wurde Lego hier also zunächst zum Verhängnis.
Denn Geschmacksmuster (Designs), bei denen alle Merkmale ausschließlich technischen Funktionen dienen, können grundsätzlich nicht geschützt werden (Art. 8 Abs. 1 der EG-Geschmacksmuster-Verordnung). Ebenso gibt es keinen Schutz für Designs, die die einzig mögliche Form der Verbindung des Produkts mit einem anderen Produkt darstellen (Art. 8 Abs. 2).
Gegen diese Entscheidung klagte Lego vor dem EuG. Dieses gab Lego 2021 Recht und hob die EUIPO-Entscheidung auf. Das Amt musste erneut entscheiden und wies diesmal den Antrag von Delta Sport zurück. Dabei stützte es sich auf eine Ausnahmevorschrift: Nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung können Designs, die zwar Verbindungselemente sind und deshalb grundsätzlich nach Abs. 2 nicht dem Schutz unterfallen, ausnahmsweise doch geschützt werden, wenn diese Teil eines modularen Systems sind. Der Lego-Stein sei Teil eines modularen Systems und deshalb schutzwürdig, argumentierte das EUIPO.
EuG findet nutzloses Element am Lego-Baustein
Gegen diese Entscheidung klagte der deutsche Konkurrent von Lego – und das EuG wies die Klage ab. Das Design des Bausteins könne weiterhin geschützt werden.
Ein Design ist nur dann wegen seiner Funktion als Verbindungselement nicht schützenswert, wenn sämtliche Design-Merkmale dem Zweck dienen, das Produkt mit einem anderen Produkt zu verbinden – also wenn die Form vollständig der Funktion folgt. Dies sei bei dem Design des Lego-Steins in Bezug auf ein Merkmal gerade nicht der Fall: Die glatte Oberfläche des Klemmbausteins diene gerade nicht der Verbindung und sei deshalb nicht vom Schutz ausgenommen. Überspitzt formuliert: Gerade die Nutzlosigkeit eines Design-Elements begründet hier den Schutz des gesamten Bausteins.
Zudem stimmte das EuG dem EUIPO dahingehend zu, dass hier die Ausnahme des Art. 8 Abs. 3 eingreift. Der Baustein sei Teil eines modularen Systems. Das Gericht stellte zudem klar: Wer einen Nichtigkeits-Antrag darauf stützt, ein Design sei nicht neu und weise keine Eigenart auf, trage die Beweislast dafür, dass es bereits ältere Designs dieser Art gab.
Für die Praxis bedeutende Entscheidung
Die nicht an dem Verfahren beteiligte Design- und Markenrechtsanwältin der Kanzlei CMS Dr. Katja Middelhoff hält die Entscheidung für eine wegweisende Ergänzung der Rechtsprechung, die "grundsätzlich die Stellung von Geschmacksmusterinhabern auf dem Markt" stärke. Für die Praxis sei die Entscheidung bedeutend, da das "EuG betont, dass eine nicht zu vernachlässigende Beweispflicht für den Nichtigkeitsantragssteller besteht, wenn behauptet wird, dass der Schutz modularer Systeme im Zusammenhang mit Geschmacksmustern aufgrund fehlender Neuheit und Eigenart zu versagen ist".
Gegen die Entscheidung des Gerichts kann die Klägerin die Zulassung des Rechtsmittels zum Europäischen Gerichtshof beantragen.
hes/LTO-Redaktion
EuG zur Eigenart des Lego-Bausteins: . In: Legal Tribune Online, 24.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53714 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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