Der ehemalige Seperatistenführer Kataloniens, Carles Puigdemont, darf sein Mandat im EU-Parlament weiterhin nicht ausüben. Seine Klage gegen Weisungen des Ex-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani ist unzulässig, so das EuG.
Carles Puigdemont ist mit seiner Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gescheitert, mit der er sich gegen Anweisungen des ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani wehren wollte. Das Gericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, Puigdemont kann damit noch immer nicht sein Mandat als Abgeordneter im EU-Parlament ausüben (Urt. v. 06.07.2022, Az. T-388/19).
Hinter dem Rechtsstreit steckt eine politische Auseinandersetzung, die seit Jahren andauert. Puigdemont war 2017 an der versuchten, viel umstrittenen Abspaltung Kataloniens von Spanien als Separatistenführer beteiligt. Unter seiner damaligen Führung wurde ein Unabhängigkeitsreferendum durchgeführt, welches zuvor von der spanischer Justiz verboten worden war. Dennoch hatte Puigdemont die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen.
Nach Stabilisierung der politischen Lage wurde gegen zwölf katalanische Separatistenführer im Februar 2019 der Prozess wegen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung geführt. Neun von ihnen wurden verhaftet und im Oktober 2019 zu langen Haftstrafen verurteilt. Puigdemont, bisher selbst nicht am Prozess beteiligt, war unmittelbar nach den Aufruhen ins belgische Exil geflohen.
Nachdem es immer wieder Diskussionen um eine mögliche Auslieferung Puigdemonts auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls gegeben hatte, entschied die belgische Justiz später, diesen nicht zu vollstrecken. Grund dafür war die Immunität Puigdemonts, welche er durch die Stellung als Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP) im Jahr 2019 erlangte. Neben Antoni Comín war auch Puigdemont regulär von Spaniern in das EU-Parlament gewählt worden.
Zwar gewählt, aber noch immer nicht im Parlament tätig
Trotz anerkannter Immunität kann Puigdemont sein Mandat bis zum heutigen Tag aber nicht ausüben. Die spanische Wahlkommission hatte nämlich unmittelbar nach der Wahl im Jahr 2019 auf Veranlassung des damaligen Präsidenten des EU-Parlaments, Antonio Tajani, die Ernennungsurkunden nicht ausgehändigt, da Puigdemont nicht auf der Liste der spanischen Parlamentsmitglieder stand: Wegen eines bestehenden Haftbefehls hatte Puigdemont vor Beginn der Eröffnungssitzung den nach spanischem Recht erforderlichen Eid in Mailand nicht abgelegt. Die spanischen Behörden hatten ihn daher nicht in die Liste aufgenommen.
Tajani erließ wegen der politischen Streitigkeiten zudem eine interne Anweisung, zunächst den in Spanien gewählten Kandidaten den Zugang zur Eröffnungssitzung des Parlaments zu verweigern und ihre Akkreditierung auszusetzen.
Weitere Versuche Puigdemonts, den erforderlichen Eid anderweitig zu erbringen, zum Beispiel aus dem Exil heraus über über einen Notar, scheiterten.
Klage gegen Tajanis Weisungen unzulässig
Puigdemont wollte sich nun gemeinsam mit dem Abgeordneten Antoni Comin, den das gleiche Schicksal trifft, juristisch gegen Tajanis Weisungen wehren. Sie erhoben vor dem EuG Nichtigkeitsklage in Bezug auf die Anweisungen des damaligen Parlamentspräsidenten
Die wesentliche Frage der Entscheidung ist laut EuG gewesen, ob es sich bei internen Weisungen eines EU-Präsidenten überhaupt um Handlungen handle, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können. Grundsätzlich seien mit der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV nämlich nur Handlungen angreifbar, die eine Rechtswirkung entfalten.
Das EuG stellte im Ergebnis fest, dass die Klage bereits unzulässig sei. Bei den damaligen Weisungen des Parlamentspräsidenten Tajani handle es sich gerade nicht um anfechtbare Handlungen nach Art. 263 AEUV. Als von einem Organ erlassene Rechtsakte greifen die Maßnahmen zwar in die Interessen Puigdemonts und Comins ein, stellen jedoch keine Handlungen dar, die eine verbindliche Rechtswirkung entfalten.
Tajani sei außerdem gar nicht befugt gewesen, die Gültigkeit der spanischen Wahlliste zu überprüfen, so der EuG. Er habe die Angaben, die aus Spanien kamen, so hinnehmen müssen, wie sie von den spanischen Behörden übermittelt wurden. Ihm habe bei der Entscheidung über die der Akkreditierung der spanischen Abgeordneten schon kein Ermessensspielraum mehr zugestanden.
Puigdemont und Comín bleibt der Zugang zum Parlament und die Ausübung ihrer Mandate somit weiterhin verwehrt. Sie könnten noch Rechtsmittel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.
ku/LTO-Redaktion
EuG zu Posten im EU-Parlament: . In: Legal Tribune Online, 07.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48968 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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