Die Axel-Springer AG hat in Straßburg erfolgreich Beschwerde gegen ein Veröffentlichungsverbot eingelegt. Demnach durfte die Bildzeitung den FDP-Politiker Carl-Ludwig Thiele zitieren. Dieser hatte die Vermutung geäußert, dass Ex-Bundeskanzler Schröder im Jahr 2005 die Vertrauensfrage aus egoistischen Motiven gestellt hatte. Die Bundesrepublik muss dem Verlag nun Schadensersatz zahlen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte in seinem Urteil fest, dass ein Verbot der Veröffentlichung der Passage mit dem Zitat Thieles gegen Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt, der die Meinungsfreiheit schützt (Urt. v. 10.07.2014, Az. 48311/10).
Die Bildzeitung veröffentlichte im Dezember 2005 einen Artikel über die Ernennung des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder kurz nach dem Ende seiner Regierung. Nur wenige Wochen nach dem Regierungswechsel wurde Schröder Aufsichtsratsvorsitzender des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline, das den Bau einer Erdgas-Pipeline von Russland nach Westeuropa plante.
Der Artikel zitierte den FDP-Politiker Carl-Ludwig Thiele mit der Äußerung, man müsse die Frage stellen, ob Schröder, der die vorgezogene Bundestagswahl 2005 durch eine verlorene Vertrauensfrage herbeigeführt hatte, sein Amt als Bundeskanzler habe loswerden wollen, "weil ihm lukrative Jobs zugesagt waren" und ob er "persönliche Motive" gehabt habe, "als er in politisch aussichtsloser Lage Neuwahlen herbeiführte."
Deutschland muss dem Verlag nun mehr als 41.000 Euro Kosten ersetzen.
dpa/age/LTO-Redaktion
EGMR zur Meinungsfreiheit: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12523 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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