EGMR zur Folter durch Polizei: Italien zu Schadensersatz verurteilt

07.04.2015

Mit erhobenen Händen und dem Rücken an der Wand - das hinderte italienische Polizisten beim G8-Gipfel 2001 nicht daran, einen 62-jährigen Demonstranten mit Schlagstöcken zu misshandeln. Der EGMR wertete dieses Vorgehen als Folter und verurteilte Italien nun zum Schadensersatz.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat das brutale Vorgehen italienischer Polizisten gegen einen 62 Jahre alten Demonstranten beim G8-Gipfel in Genua als Folter gewertet. Konkret sahen die Straßburger Richter das Verbot der Folter und unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung als verletzt an und damit einen Verstoß gegen Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie verurteilten Italien wegen der Schläge und Tritte im Jahr 2001 zu 45.000 Euro Schadensersatz. Die Gewalt der Beamten in einer Schule, in der Globalisierungskritiker die Nacht verbrachten, sei vollkommen willkürlich gewesen, teilte das Gericht am Dienstag mit (Urt. v. 07.04.2015, Az. 6884/11 - noch nicht rechtskräftig).

Das dreitägige Gipfeltreffen im Juli 2001 war von massiven Protesten begleitet worden. Bei Ausschreitungen und Zusammenstößen mit der Polizei wurden etwa 500 Menschen verletzt, ein Demonstrant starb.

Als Beamte in die Schule eindrangen, setzte der damals 62-Jährige sich nach Darstellung des Gerichts mit dem Rücken an die Wand und hob seine Hände - trotzdem wurde er mehrfach mit Schlagstöcken misshandelt und getreten. Er erlitt mehrere Brüche und weitere Verletzungen.

Der Gerichtshof kritisierte mangelnde Zusammenarbeit der Polizei bei der Aufklärung der Taten und forderte Italien auf, seine Gesetze zu ändern, um Folter effizienter bestrafen zu können. Ein italienisches Gericht hatte dem Kläger bereits 35.000 Euro Schadensersatz zugestanden, mehrere Polizisten wurden zu Haftstrafen verurteilt. Der EGMR-Beschluss ist nicht rechtskräftigt, jede Partei kann noch die Verweisung an die Große Kammer beantragen, welche die Rechtssache aber nicht zur Entscheidung annehmen muss.

dpa/avp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EGMR zur Folter durch Polizei: . In: Legal Tribune Online, 07.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15171 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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