Verschärfte Haftbedingungen sollen in Italien dafür sorgen, dass Mafiabosse ihre Machenschaften nicht einfach vom Gefängnis aus fortsetzen können. Kurz vor dem Tod eines Mafioso hätte Italien die Zügel aber lockern müssen, so der EGMR.
Harte Haftbedingungen für einen der berüchtigtsten Mafiabosse Italiens haben nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen das Verbot der Folter aus Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen (Urt. v. 25.10.2018, Az. 55080/13).
Der 83 Jahre alte Bernardo Provenzano starb 2016 im Gefängnisflügel eines Mailänder Krankenhauses. Provenzano war 2006 nach 43 Jahren auf der Flucht festgenommen worden und zu mehreren lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Unter anderem wurden ihm Massenmord, Drogenhandel und Entführung zur Last gelegt. Er stand an der Spitze der sizilianischen Cosa Nostra.
Seine Strafe saß er unter speziellen Haftbedingungen ab, die verhindern sollen, dass Anführer von Verbrecherorganisationen ihre Aktivitäten hinter Gittern fortsetzen. So wurden unter anderem seine Besuche eingeschränkt. Familienmitglieder durften ihn einmal im Monat für eine Stunde besuchen, andere gar nicht.
Salvini: "unnütze europäische Kirmesbude"
Seine Gesundheit verschlechterte sich zusehends in den zwei Jahren vor seinem Tod, die speziellen Haftbedingungen wurden aber aufrecht erhalten und kurz vor seinem Tod noch mal verlängert. Bei der letzten Verlängerung hätte Italiens Justizminister die Umstände von Provenzanos Gesundheitszustand berücksichtigen müssen, urteilten nun die Richter in Straßburg. Die Haftstrafe an sich habe Provenzanos Rechte nicht verletzt. Eine finanzielle Entschädigung für den Sohn des Mafiabosses, der den Prozess auch nach dem Tod seines Vaters fortgeführt hatte, lehnten die Richter aber ab.
Für die populistische Regierung in Rom ist das Urteil eine Vorlage, um Europas Institutionen erneut zu kritisieren. Es sei "die x-te Bestätigung, wie unnütz diese europäische Kirmesbude ist", erklärte Innenminister und Vize-Premier Matteo Salvini von der rechten Lega. Der zweite Vize-Premier und Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, sprach von einem "Witz". "Sie wissen nicht, wovon sie reden", schrieb er auf Facebook. "Die unmenschlichen Taten waren die von Provenzano. (...) Mit der Mafia darf es keine Gnade geben."
dpa/acr/LTO-Redaktion
EGMR zu verschärften Haftbedingungen für Mafiaboss: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31711 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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