EGMR verneint sexuelle Diskriminierung: Kein Vater­schafts­ur­laub für les­bi­sche Frau

18.01.2018

Eine lesbische Frau wollte nach der Geburt ihres Sohnes durch ihre Partnerin Vaterschaftsurlaub nehmen. Als ihr dieser verwehrt wurde, zog sie letztlich vor den EGMR. Doch auch dort entschied man: Vaterschaftsurlaub ist nur für Männer.

Schafft der Staat eine Regelung, um Vätern die Gelegenheit zu geben, sich um ihren neugeborenen Nachwuchs zu kümmern, so muss er diese nicht auch auf weibliche Partner der Mutter ausweiten. Dies entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) (Urt. v. 18.01.2018, Az. 46386/10).

Nachdem ihre lesbische Partnerin ein Kind zur Welt gebracht hatte, beantragte eine Französin elf Tage Vaterschaftsurlaub, was ihre Krankenkasse allerdings ablehnte. Sie verwies auf die Regelung im französischen Recht, wonach dieser ausschließlich dem rechtlichen (naturgemäß männlichen) Vater des Kindes zusteht. Die Norm lasse keinen Spielraum für die Gewährung des Urlaubs an eine Frau.

Das sah auch die französische Sozialgerichtsbarkeit so, die ebenfalls auf die "klare und unmissverständliche" Norm verwies, die gerade nicht allgemein vom Partner, sondern explizit vom Vater spreche. Die Frau sah sich wegen ihres Geschlechts bzw. ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert und zog vor den EGMR.

EGMR: verstärkte Teilhabe von Vätern legitimer Gesetzeszweck

Doch auch dort konnte sie sich mit ihrer Ansicht nicht durchsetzen: Die Richter konnten keine Verletzung des Diskriminierungsverbotes aus Art. 14 in Verbindung mit dem Schutz des Privatlebens aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) feststellen.

Dabei gaben die Richter durchaus zu, dass sich die Frau, die seit der Geburt mit für das Kind ihrer Partnerin sorgte, in einer vergleichbaren Situation mit einem biologischen Vater befinde, gleichwohl durch das Gesetz aber anders behandelt werde. Gleiches wurde also auch nach Auffassung der Richter ungleich behandelt. Auch sei das Bestreben der Frau, sich um das gemeinsame Kind zu kümmern, eine schützenswerte Absicht.

Allerdings verfolge das französische Gesetz einen legitimen Zweck, nämlich Vätern zu ermöglichen, in der Frühphase bereits eine größere Rolle bei der Erziehung ihrer Kinder einzunehmen und für mehr Gleichheit bei der Erfüllung häuslicher Aufgaben zu sorgen. Weiterhin sei die Regelung zum Vaterschaftsurlaub auch angemessen, um ihr Ziel zu erreichen. Mit der Entscheidung, nur den rechtlich anerkannten Eltern Erziehungsurlaub zu gewähren, bewege sich der nationale Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraumes.

Keine Unterscheidung nach Geschlecht oder Sexualität

Im Übrigen gründe die Ungleichbehandlung auch gar nicht auf dem Geschlecht oder der sexuellen Orientierung der Frau. In einer heterosexuellen Beziehung, in der der Mann nicht rechtlicher Vater des Kindes ist, habe ein solcher ebenfalls keinen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub, so der Gerichtshof.

Auf Elternzeit verzichten müsse die Partnerin der Mutter nach derzeitiger Rechtslage auch nicht, betonte der EGMR schließlich. Seit Dezember 2012 - vor Klageeinreichung beim Gerichtshof - existiert dort ein Gesetz, welches zu den gleichen Konditionen wie der Vaterschaftsurlaub einen Betreuungsurlaub für Personen gewährt, die nicht die rechtlichen Eltern des Kindes sind.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EGMR verneint sexuelle Diskriminierung: . In: Legal Tribune Online, 18.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26555 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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