Der Vorsitzende des DRB, Jens Gnisa, fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem offenen Brief dazu auf, sich stärker für Richter und Staatsanwälte in der Türkei einzusetzen. Auch EU-Kommissionspräsident Juncker hat den Brief erhalten.
Gnisa appelliert im Namen des Deutschen Richterbundes (DRB) an die Bundesregierung, die türkische Staatsführung "mit allen ihr zu Gebote stehenden politischen Mitteln zu einer Umkehr zu bewegen und auf den Weg des Rechtsstaates zurückzuführen." Offensichtlich missbrauche die türkische Staatsführung den gescheiterten Putschversuch, um systematisch diejenigen Richter und Staatsanwälte aus der Justiz des Landes zu entfernen, die bisher trotz politischen Drucks die Aufgaben einer unabhängigen dritten Staatsgewalt erfüllt hätten.
Dabei habe die Regierung um Erdogan bis heute keine individuellen, nachprüfbaren Vorwürfe gegen "die entlassenen Kollegen" vorgelegt. Das ist nach Auffassung des DRB umso dramatischer, weil die Inhaftierten von Familien und Anwälten isoliert würden beziehungsweise der Zugang zu diesen streng reguliert werde. Insgesamt handele es sich um einen "eklatanten Verstoß der Türkei gegen fundamentale europäische Werte."
Die bisherigen Reaktionen der Bundesregierung sind dem DRB zu lasch. Es sehe nicht so aus, als ob sich Deutschland mit der erforderlichen Konsequenz für den Erhalt des Rechtsstaats und einer unabhänigen Justiz in der Türkei einsetzen möchte, heißt es in dem offenen Brief. Solange sich die Türkei jedenfalls nicht wieder der EU annähere, sollten die im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen vereinbarten Milliardenhilfen ausgesetzt werden, heißt es dort weiter.
ms/LTO-Redaktion
Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20226 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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