Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, AfD-Politiker Stephan Brandner, sieht sich seit Amtsantritt starker Kritik ausgesetzt. Nun hat er mit zwei Tweets erneut für Empörung gesorgt, DAV und DJB fordern seinen Rücktritt.
Bereits die Nominierung des AfD-Politikers Stephan Brandner für den Posten als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag hatte Anfang 2018 für Diskussionen gesorgt. Nun sind es (Re-)Tweets des 53-Jährigen, wegen derer er nun in der Kritik steht.
Im Anschluss an den Anschlag auf eine Synagoge in Halle, bei dem zwei vom Täter zufällig angetroffene Passanten starben, äußerte sich der AfD-Rechtspolitiker über das soziale Netzwerk. Zunächst verbreitete er den Tweet eines anderen Accounts weiter (sogenannter Retweet), dessen Inhaber fragte, warum Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen "rumlungerten", wenn doch die Opfer des Anschlags letztlich eine "Deutsche" beziehungsweise ein "Bio-Deutscher" gewesen seien. In einem weiteren Tweet, den Brandner selbst verfasste, teilte er ein Video des jüdischen Publizisten und Anwalts Michel Friedman und bezeichnete ihn dabei als "deutschen Michel".
Am Dienstag reagierten nun der Deutsche Anwaltverein (DAV) und der Deutsche Juristinnenbund (DJB) mit einer gemeinsamen Pressemitteilung, in der sie Brandners Rücktritt fordern. Die zwei besagten Tweets, die von Brandners Account ausgingen, seien "verabscheuungswürdig", schreiben die Verbände. Der erste Tweet verharmlose den Anschlag und bezeichne den Ausdruck von Trauer, Entsetzen und Solidarität als "Herumlungern". Der zweite Tweet weise einen mittelbaren Bezug zum antisemitischen Anschlag von Halle auf und zeige, dass Brandner nicht in der Lage sei, "den Anforderungen seines Amtes gerecht zu werden".
Eklat bereits beim DAV-Jahresempfang
DJB-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig wird mit den Worten zitiert: "Bereits im Frühjahr 2018 hatten der Deutsche Juristinnenbund und der Deutsche Anwaltverein dazu aufgerufen, Brandner nicht zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses zu bestimmen. Sein aktuelles Verhalten zeigt nun deutlich, wie richtig unser Aufruf war." Die DAV-Präsidentin Edith Kindermann erklärte: "Auch außerhalb von Ausschusssitzungen verlangt das Amt des Vorsitzenden, den Respekt vor Menschen immer zu wahren."
Kindermanns Amtsvorgänger Ulrich Schellenberg war bereits Anfang des Jahres beim DAV-Jahresempfang mit Brandner aneinandergeraten. In seiner Auftaktrede hatte er der AfD vorgeworfen, in ihren Gesetzentwürfen Nazi-Vokabular zu verwenden, und von Brandner vor dem Hintergrund von Äußerungen eines AfD-Parteikollegen gefordert, dass er sich "klar und eindeutig positioniert, wonach das Verbot der Todesstrafe in Deutschland unantastbar ist". Brandner forderte daraufhin von Schellenberg, ihm das Mikro für eine Gegenrede zur Verfügung zu stellen, was dieser verweigerte, weshalb es nach dem offiziellen Programm noch zu einem verbalen Schlagabtausch kam.
Brandner, selbst Rechtsanwalt und früherer Landtagsabgeordneter aus Thüringen, hatte bereits in seiner Zeit im Landesparlament unter Kritikern den Ruf als Pöbler und Polemiker weg. Dort kassierte er Medienberichten zufolge in drei Jahren 32 Ordnungsrufe und nannte Grünen-Politiker "Koksnasen" und "Kinderschänder". Eine typisch syrische Familie soll er als "Vater, Mutter und zwei Ziegen" beschrieben und gefordert haben, Bundeskanzlerin Angela Merkel "einzuknasten".
mam/LTO-Redaktion
Wegen Twitter-Beiträgen nach dem Anschlag in Halle: . In: Legal Tribune Online, 15.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38171 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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