Einem Chefarzt, der Patienten mit offener Wunde auf dem Operationstisch liegen lässt, um zwischendurch private Telefongespräche zu führen, darf nicht ohne weiteres fristlos gekündigt werden. Dies entschied das BAG in einem aktuellen Urteil und bestätigte damit eine Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz.
Der Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Rheinland-Pfalz unterbrach nach Medienberichten Operationen schon mal, um mit seiner Frau zu telefonieren oder "wichtige Termine" mit dem Fliesenleger via Handy aus dem Operationssaal heraus zu koordinieren. Nach Aussagen des OP-Personals soll dies gar die Regel und nicht etwa die Ausnahme gewesen sein. Manche Operationen habe der Arzt sogar mehrfach wegen privater Telefonate unterbrochen.
Dies nahm die Krankenhausleitung zum Anlass, um dem Mediziner fristlos zu kündigen. Sowohl das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz als auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilten jedoch, dass diese Kündigung nicht wirksam war.
Das Verhalten des Arztes sei zwar als schwerwiegende Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten zu werten. Dennoch sei eine fristlose Kündigung in diesem speziellen Fall überzogen, wenn man alle Interessen abwäge, meinten die Erfurter Richter: Eine normale Kündigung war laut Arbeitsvertrag ausgeschlossen und konkret sei kein Patient geschädigt worden. Für den Chefarzt, der über 50 Jahre alt, verheiratet ist und zwei Kinder hat, spreche auch seine soziale Schutzbedürftigkeit.
Anstelle einer sofortigen Entlassung hätte der Chefarzt nach Ansicht der Erfurter Richter zunächst abgemahnt werden müssen (Urt. v. 25.10.2012, Az. 2 AZR 495/11).
mbr/LTO-Redaktion
BAG zu privaten Telefonaten während OP: . In: Legal Tribune Online, 29.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7417 (abgerufen am: 18.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag