BVerwG ruft EuGH an: Leipzig zweifelt an Wohnsitzauflagen für Ausländer

20.08.2014

Das höchste deutsche Verwaltungsgericht zweifelt daran, ob Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus dazu verpflichtet werden dürfen, ihren Wohnsitz nur in einer bestimmten Stadt zu nehmen. Das könnte mit der Bewegungsfreiheit unvereinbar sein. Der EuGH soll deshalb Antworten liefern.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat Bedenken, ob Wohnsitzauflagen gegenüber Ausländern mit subsidiärem Schutzstatus rechtmäßig sind. In drei entsprechenden Fällen haben die Richter daher den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Die Beschlüsse ergingen am Dienstag (Beschl. v. 19.08.2014, Az. 1 C 1.14; 3.14; 7;14).

Wie die Leipziger Richter mitteilten, betreffen die vorgelegten Fragen die sogenannte Qualifikationsrichtlinie, die für den einheitlichen Schutz von anerkannten Flüchtliningen und Menschen mit subidiärem Schutz innerhalb der EU sorgen soll. DAS BVerwG hat Zweifel, ob der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie adäquat umgesetzt hat.

Denn nach den seit Dezember 2013 in Deutschland geltenden Regelungen dürfen Personen mit subsidiärem Schutz dazu angehalten werden, nur in einer bestimmten Stadt oder in einem bestimmten Landkreis Wohnsitz zu nehmen. Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die weder als Flüchtlinge anerkannt noch vom Asylrecht geschützt, aber in ihrem Herkunftsland ernsthaft bedroht sind, dürfen also nur an einem zugewiesenen Ort wohnen. Das ist zwar nicht mit der sogenannten Residenzpflicht für Asylbewerber vergleichbar, welche die Betroffenen dazu verpflichtet, sich nur innerhalb eines von der Behörde festgelegten Bereichs aufzuhalten.

Dennoch ergehen, wie auch in den drei Fällen syrischer Kläger, die das BVerwG zu klären hat, behördliche Anordnungen an Personen mit subsidiärem Schutz. Die beklagten Behörden rechtfertigen diese Maßnahme damit, dass sie eine übermäßige finanzielle Belastung einzelner Länder und Kommunen verhindere.

Das BVerwG ist sich da jedoch nicht so sicher wie die Behörden. Es hat daher gleich drei Fragen an den EuGH gerichtet. Der möge feststellen, ob die Auflagen überhaupt eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Sinne von Art. 33 der Qualifikationsrichtlinie darstellen, wenn sich die Betroffenen ansonsten frei bewegen können. Weiter sei fraglich, ob das Ziel, die Sozialhilfelasten angemessen zu verteilen, die Auflagen rechtfertigen kann. Das BVerwG denkt zusätzlich daran, dass auch die Bestrebung, soziale Brennpunkte zu vermeiden, die strittigen Auflagen rechtfertigen könnte. Auch darauf soll der EuGH Antworten liefern.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG ruft EuGH an: . In: Legal Tribune Online, 20.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12945 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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