Die Abführung von Vermögensrechten nicht auffindbarer Miterben an den Entschädigungsfonds der Bundesrepublik Deutschland ist verfassungsgemäß. Dies entschied das BVerfG, Hintergrund ist die Eigentumslage an Grundstücken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die bis zur gesetzlichen Aufhebung am 31.12.1992 unter Zwangsverwaltung standen.
Nicht auffindbare Miterben von Grundstücken, die in der ehemaligen DDR unter Zwangsverwaltung standen, dürfen gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EntschG ohne Entschädigung aus der Erbengemeinschaft ausgeschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn zumindest ein weiterer Miterbe bekannt und aufgefunden ist. Ansprüche auf Rückerstattung für den Fall, dass der jeweilige Rechtnachfolger sich später doch noch meldet, sind gesetzlich nicht vorgesehen.
Kann der betroffene Erbe nicht ausfindig gemacht werden und meldet er sich auch nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nicht, wird sein Anteil am Erbe dem Entschädigungsfonds zugeführt.
Dieser wird durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen verwaltet, er wird dann Mitglied der Erbengemeinschaft.
Aus dem Fonds werden unter anderem Entschädigungen für NS-Verfolgte und Ausgleichsleistungen für nicht mehr rückgängig zu machende Enteignungen erbracht.
Im Ausgangsverfahren hatte eine Erbin Anteile an einem Grundstück in Brandenburg geltend gemacht. Sie war 1965 nach Großbritannien ausgewandert und zunächst nicht auffindbar gewesen.
Dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. vom 21.07.2010, Az. 1 BvL 8/07) lag eine Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zugrunde, das die entsprechende Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr.7 EntschG für unvereinbar mit Art. 14 Abs. 1 GG gehalten hatte.
Die Karlsruher Richter entschieden, dass zwar ein Eingriff in das von Art. 14 GG geschützte Grundrecht auf Eigentum vorliege. Der in Frage stehende § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EntschG genüge jedoch den Anforderungen, die an eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung zu stellen seien. Insbesondere ein gerechter Interessenausgleich sei gewährleistet .
Die Vorschrift diene dem legitimen Zweck, faktische Herrenlosigkeit in Bezug auf die jeweiligen Grundstücke zu beseitigen und endgültige Eigentumsverhältnisse sowie eine Verkehrsfähigkeit zu schaffen. Sie trage damit zu einer geordneten Rechts- und Wirtschaftsentwicklung in den neuen Bundesländern bei und diene foglich dem Gemeinwohl.
Die gesetzliche Regelung führe desweiteren nicht zu unzumutbaren und unverhältnismäßigen Belastungen für den ausgeschlossenen Miterben, befanden die Richter. Die Abführung an den Entschädigungsfonds greife nur, wenn alle zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft und die Vermögenswerte über einen langen Zeitraum vom Berechtigten nicht in Anspruch genommen wurden. Dieser habe folglich ausreichend Zeit, die Abführung zu verhindern.
Auch die Kompensationslosigkeit der Abführung sei nicht zu beanstanden. Der an den Fonds abgeführte Wert diene nicht fiskalischen Zwecken, sondern komme anderen Personen zugute, die ebenfalls Opfer wiedergutzumachender Vermögensschädigungen seien und damit im selben Lager wie der ursprüngliche Rechtsinhaber stünden.
Abschließend stellten die Richter fest, dass auch der besonderen Situation in Folge der Aufhebung staatlicher Zwangsverwaltung - einem Relikt aus DDR-Zeiten - Rechnung getragen werden müsse.
BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1146 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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