BVerfG verhandelt über Freihandelsabkommen: Könnte Deut­sch­land CETA wieder kün­digen?

12.10.2016

2/2: Das Who is Who der Staatsrechtslehrer

Vertreten werden sie vom Kölner Rechtsprofessor Bernhard Kempen, dem Chef des deutschen Hochschulverbands. Die 70 Jahre alte Musiklehrerin Marianne Grimmenstein aus Lüdenscheid hat mit ihrem Ehemann rund 68.000 Vollmachten zusammengetragen, sie wird vertreten vom Bielefelder Juraprofessor Andreas Fisahn, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von attac. 

Gleich zweimal tritt Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano von der Universität Bremen als Bevollmächtiger auf. Der schon Anfang der neunziger Jahre aus der SPD ausgetretene Gegner von CETA vertritt die Verfassungsbeschwerde des Aktivisten und Linke-Politikers Jan van Aken ebenso wie die Fraktion der Linken im Bundestag. Sie gehen per Organstreitverfahren gegen Ceta vor und monieren eine Verletzung ihrer Rechte sowie der des Bundestags. Das vierte Verfahren ist eine Verfassungsbeschwerde des Europaparlamentariers Prof. Dr. Klaus Buchner (ÖDP). Für den Physiker tritt der streitbare emeritierte Nürnberger Professor Karl Albrecht Schachtschneider auf, der beim Lissabon-Urteil in weiten Teilen Erfolg hatte. 

An dem war auch der Prozessbevollmächtigte des Gegners all dieser Anträge beteiligt. Die Bundesregierung, vertreten durch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, setzt einmal mehr auf Prof. Dr. Franz Mayer von der Universität Bielefeld, der schon mehrfach als Prozessbevollmächtigter des Bundestags aufgetreten ist.

Kann Deutschland CETA wieder kündigen?

Für die CETA-Gegner ist es in jedem Fall ein Erfolg, dass der Zweite Senat unter Gerichtspräsident Prof. Dr. Andreas Voßkuhle ihre Verfassungsbeschwerden genauer in einem Hauptsacheverfahren prüfen will. Voßkuhle betonte zum Verhandlungsauftakt, dass CETA "ein sehr komplexes Abkommen" sei. "Befürworter und Gegner des Abkommens neigen häufig zu Vereinfachungen", sagte er. Die verfassungsrechtliche Bewertung von CETA habe "der Komplexität des Gegenstandes jedoch hinreichend Rechnung zu tragen". Voßkuhle wies darauf hin, dass die Rechtsfragen abschließend erst zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten.

Im Eilverfahren klärt das Gericht in erster Linie, ob in der Zwischenzeit nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen, wenn das Handelsabkommen schon einmal vorläufig in Kraft tritt. Zentrale Frage ist dabei, ob Deutschland aus CETA nach der Unterzeichnung überhaupt wieder herauskäme. Das ginge nur, wenn jeder einzelne Mitgliedstaat eine Kündigungsmöglichkeit hat. Die Verfassungsrichter verwendeten viel Zeit darauf, in diesem Punkt Licht in die teils unklare Vertragslage zu bringen. Die Bundesregierung vertrat die Ansicht, dass die Kündigung möglich sei. Gabriel sagte dem Gericht zu, dies auch verbindlich festzuhalten.

Die Bundesregierung erhofft sich von dem Handelsraum fast ohne Zölle und andere Hemmnisse wirtschaftliche Impulse und neue Absatzmärkte. Die CETA-Gegner wehren sich gegen die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen und die Einrichtung eines Gerichts für Investitionsstreitigkeiten. Außerdem bestehe die Gefahr, dass soziale und ökologische Standards abgesenkt würden, warnte Linksfraktionsvize Klaus Ernst.

pl/LTO-Redaktion/dpa

Zitiervorschlag

BVerfG verhandelt über Freihandelsabkommen: . In: Legal Tribune Online, 12.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20849 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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