BVerfG zu Zwangsvollstreckungen: Selbsttitulierungsrecht für Landesbanken verfassungswidrig

17.01.2013

Ein Selbsttitulierungsrecht zur Zwangsvollstreckung zugunsten öffentlich-rechtlicher Banken verstößt gegen den Gleichheitssatz. Dies entschied das BVerfG in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss.

Das niedersächsische Landesrecht, das der Bremer Landesbank und der Landessparkasse zu Oldenburg erlaubt, ihre Forderungen ohne vollstreckbaren Titel allein aufgrund der Vollstreckungsanträge durchzusetzen, ist unvereinbar mit dem Grundgesetz (GG). Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts auf die konkreten Normenkontrollanträge des Oberlandesgerichts sowie des Amtsgerichts Oldenburg hin (Beschl. v. 18.12.2012, 1 BvL 8/11; 1 BvL 22/11).

In der Bankpraxis sei es zwar üblich, dass sich Kreditinstitute eine notariell beurkundete Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erteilen lassen, so dass sie in den meisten Fällen für die Durchsetzung ihrer Forderung keines Urteils bedürfen. Dies ist für die Banken jedoch mit Kosten verbunden, da sie sich vom Notar eine vollstreckbare Ausfertigung erteilen lassen müssen, die sie wiederum dem Schuldner zustellen müssen. Außerdem müssen sie eine zweiwöchige Wartefrist einhalten.

Wettbewerbsvorteil nicht gerechtfertigt

Den übrigen Banken, privaten sowie öffentlich-rechtlichen, stehe ein Selbsttitulierungsrecht nicht zu. Tragfähige sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung seien nicht erkennbar. So unterlägen auch andere niedersächsische Sparkassen einer Beschränkung des Gewinnerzielungsinteresses. Gleiches gelte für den öffentlichen Auftrag, alle Bevölkerungskreise mit kreditwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen. Diese Aspekte stünden letztlich aber sowieso in keinem Zusammenhang zu der vollstreckungsrechtlichen Begünstigung.

Bei den relevanten Kreditgeschäften befänden sich die beiden Institute in erster Linie im Wettbewerb mit den Geschäftsbanken. Zwar seien sie als Anstalten des öffentlichen Rechts verpflichtet, die Grundrechte zu beachten. Dies schütze den Schuldner möglicherweise auch ohne vorhergehendes gerichtliches Verfahren. Den Wettbewerbsvorteil gegenüber den direkten Konkurrenten könne dies aber nicht rechtfertigen.

Der Senat gewährt den betroffenen Banken eine Übergangsfrist von einem Jahr, um ihre Geschäftspraxis umzustellen. Dies sei notwendig, um laufende Zwangsvollstreckungen nicht mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten zu belasten.

blü/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zu Zwangsvollstreckungen: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7989 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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