Die Verpflichtung zu amtlicher Information über Verstöße gegen lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften ist grundsätzlich verfassungsgemäß. Die Informationsverbreitung muss aber befristet werden, entschied das BVerfG.
Die amtliche Information der Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) über Verstöße einzelner Unternehmen gegen lebensmittel- oder futtermittelrechtliche Vorschriften ist grundsätzlich verfassungsgemäß. Die Informationsverbreitung muss aber zeitlich begrenzt werden, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit am Freitag veröffentlichten Beschluss entschied (Beschl. v. 21.03.2018, Az. 1 BvF 1/13).
Die niedersächsische Landesregierung hatte einen Normenkontrollantrag wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 1a LFGB gestellt. Die Vorschrift, die 2012 in das LFGB eingefügt wurde, ermächtigt und verpflichtet die Behörden, die Öffentlichkeit von Amts wegen über Verstöße von Lebens- und Futtermittelunternehmen gegen Grenzwertregelungen und alle sonstigen Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes zu unterrichten. Eine aktuelle Gesundheitsgefahr ist dabei nicht vorausgesetzt. Die Vorschrift sieht hinsichtlich der Informationsveröffentlichung keinen behördlichen Ermessensspielraum vor.
Informationsverbreitung muss zeitlich begrenzt werden
Das BVerfG entschied nun, dass die amtliche Information der Öffentlichkeit über Verstöße einzelner Unternehmen an Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu messen ist, da sie in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff in die Berufsfreiheit gleichkommt. Die Interessen der Unternehmen können aber hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten, auch wenn Rechtsverstöße nicht mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sind.
§ 40 Abs. 1a LFGB verstoße aber insoweit gegen die Berufsfreiheit, als eine gesetzliche Regelung zur zeitlichen Begrenzung der Informationsverbreitung fehlt. Je weiter der Verstoß in der Vergangenheit liege, desto geringer sei der objektive Informationswert für die Verbraucher. Für die betroffenen Unternehmen hingegen wirke sich die Verbreitung von für sie negativen Informationen auch noch dann belastend aus, wenn sie eigentlich gar nicht mehr auf die aktuelle Situation der Unternehmen schließen lassen, entschied das Gericht.
Die Karlsruher gaben dem Gesetzgeber auf, bis zum 30. April 2019 eine Regelung zur Dauer der Veröffentlichung zu treffen. Bis dahin bleibe die Vorschrift aber anwendbar.
acr/LTO-Redaktion
BVerfG zur Unterrichtung über Lebensmittelrechtsverstöße: . In: Legal Tribune Online, 04.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28455 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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