Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung der Bundeswehr dient nicht nur zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit von Soldatinnen und Soldaten. Bei einer organisch bedingten Sterilität umfasst sie auch medizinische Leistungen für eine künstliche Befruchtung. Dies entschied der 2. Senat des VGH mit einem am Freitag bekannt gewordenen Urteil.
Die truppenärztliche Versorgung sei Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, so der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg. Dieser müsse Vorkehrungen treffen, um den angemessenen Lebensunterhalt der Soldatinnen und Soldaten auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheit zu sichern. Diese Verpflichtung sei umfassend. Eine Krankheit sei der regelwidrige, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichende Zustand des Körpers oder des Geistes. Ob die Krankheit die Wehrdienstfähigkeit berühre, sei unerheblich (Urt. v. 02.08.2012, Az. 2 S 786/12).
Geklagt hatte eine Soldatin auf Zeit, deren Antrag auf Kostenübernahme für eine für eine künstliche Befruchtung in Form der homologen In-vitro-Fertilisation abgelehnt wurde. Nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen den Ablehnungsbescheid auf die Klage der Soldatin aufgehoben hatte, bestätigten die Mannheimer Richter diese Entscheidung nun.
Die künstliche Befruchtung sei eine zur Behandlung einer Krankheit erforderliche medizinische Leistung. Die organisch bedingte Sterilität stelle einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweiche. Dieser regelwidrige Körperzustand sei behandlungsbedürftig und therapierbar. Die künstliche Befruchtung ermögliche, die Folgen eines regelwidrigen Körperzustands zu überwinden und der Klägerin zu einem genetisch gemeinsamen Kind mit ihrem Ehemann zu verhelfen.
tko/LTO-Redaktion
VGH Baden-Württemberg zu künstlicher Befruchtung: . In: Legal Tribune Online, 07.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7022 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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