Deutsche Behörden und Gerichte müssen ausländische Sorgerechtsentscheidungen im Visumverfahren grundsätzlich anerkennen. Sie dürfen diese nur dann außer Acht lassen, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist. Dies entschied das BVerwG am Donnerstag.
Sorgerechtsentscheidungen sind mit dem deutschen ordre public zu vereinbaren und deshalb aufenthaltsrechtlich zu respektieren, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BverwG). Nach Art. 16 des hier anzuwendenden Haager Minderjährigenschutz-Übereinkommens könne eine von einem ausländischen Gericht getroffene Sorgerechtsentscheidung nur dann unbeachtet bleiben, wenn die Anwendung mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist. Dieser ordre public-Vorbehalt schließe es grundsätzlich aus, ausländische Entscheidungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.
Von Bedeutung sei bei einer ausländischen Sorgerechtsübertragung nur, ob das Ergebnis der Entscheidung dem Kindeswohl untragbar widerspreche oder die Entscheidung in einem Verfahren zustande gekommen sei, das grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genüge (Urt. v. 29.11.2012, Az. 10 C 4.12, 5.12, 11.12 und 14.12).
Der 10. Senat hatte in vier Fällen zu urteilen, in denen Kinder aus der Türkei und der Mongolei zu einem in Deutschland lebenden Elternteil ziehen wollten. Die deutschen Auslandsvertretungen hatten keine Visa erteilt, weil sie die jeweiligen Sorgerechtsentscheidungen nicht akzeptierten.
Lediglich in einem Fall erkannten auch die obersten Verwaltungsrichter die Sorgerechtsentscheidung nicht an, weil das Kind nicht nach seiner Meinung gefragt worden war, was gegen Grundprinzipien des Verfahrensrechts verstoße.
tko/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa.
BVerwG zum Visumverfahren: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7680 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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