Änderung des Infektionsschutzgesetzes: FDP-Abge­ord­nete ziehen vor das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt

27.04.2021

Die Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion erheben Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannte "Corona-Notbremse". Ziel sei es unter anderem, geimpften Personen wieder mehr Normalität zu ermöglichen, so die Abgeordneten.

Im Auftrag aller 80 Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion hat am Dienstag der Regensburger Verfassungsrechtler Prof. Dr. Thorsten Kingreen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Verfassungsbeschwerde in Verbindung mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung eingereicht. Die Abgeordneten richten sich gegen die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) durch das 4. Bevölkerungsschutzgesetz, die sog. Bundes-Notbremse. Das Gesetz sei höchst angreifbar und in seiner Wirkung zweifelhaft, so Marco Buschmann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Bundestag. Für "unverhältnismäßig und untauglich" halten die FDP-MdBs vor allem die Ausgangssperren.

Fehlende Zustimmung des Bundesrates

Nach Ansicht der Parlamentarier seien die angegriffenen Vorschriften bereits formell verfassungswidrig. Der Bundesrat habe dem Gesetz zustimmen müssen, heißt es in der Verfassungbeschwerde. Dies folge aus Art. 104a Abs. 4 Grundgesetz (GG): Bundesgesetze sind zustimmungspflichtig, wenn sie die Länder zu Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten verpflichten und die Länder dieses Gesetz als eigene Angelegenheit oder im Auftrage des Bundes nach Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG ausführen. So liege der Fall auch hier, weil der Gesetzgeber die Länder im IfSG zu Entschädigungen an Eltern verpflichtet habe, die Verdienstausfälle erleiden, weil sie ihre Kinder zu Hause betreuen müssten. Folglich ergebe sich aus Art. 104a Abs. 4 GG eine Zustimmungspflicht des Bundesrates. Da die Zustimmung nicht erfolgt sei und ein fehlender Einspruch auch nicht umgedeutet werden könne, seien die angegriffenen Vorschriften formell verfassungwidrig.

Verfassungswidrigkeit einzelner Maßnahmen

Nach Ansicht der Beschwerdeführer verletzen die angegriffenen Vorschriften sie in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 1 GG. Insbesondere die nächtlichen Ausgangssperren seien in Anbetracht ihrer Eingriffsintensität nicht mehr verfassungsgemäß. Zwar könnten diese im lokalen Einzelfall wirksame Mittel zur Pandemiebekämpfung sein, jedoch seien "pauschale Bewegungsverbote" in der vom Gesetzgeber gewählten Form verfassungswidrig. Auch verstieße es gegen die Verfassung, dass das Gesetz keine Ausnahmen für geimpfte Personen vorsehe. Der Gesetzgeber habe Verbote "in der Detailliertheit einer Polizeiverordnung" normiert, dabei jedoch gerade nicht geregelt, was für ungefährliche Personen gelten solle.

Mit dem Antrag auf einstweilige Anordnung (§ 32 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz) wollen die Beschwerdeführer schließlich noch unter anderem erreichen, dass § 28b Abs. 1 Nr. 1 IfSG für Geimpfte einstweilen außer Kraft gesetzt wird.

jb/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Änderung des Infektionsschutzgesetzes: . In: Legal Tribune Online, 27.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44823 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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