Der Bund soll den Ländern und Kommunen bei der Finanzierung von Schulen, Wohnungsbau und Nahverkehr unter die Arme greifen. Der Bundestag beschloss am Donnerstag eine entsprechende Grundgesetzänderung. Ob der Bundesrat mitspielt, ist offen.
Der Bund soll bald Milliardensummen in die Schulen und zusätzlich in Wohnungsbau und Nahverkehr investieren dürfen. Der Bundestag hat am Donnerstag eine entsprechende Grundgesetzänderung beschlossen.
Der Entwurf sieht Änderungen und Ergänzungen des Grundgesetzes (GG) vor. Die Beschränkung der Finanzhilfekompetenz des Bundes zur Mitfinanzierung von Investitionen auf finanzschwache Kommunen in Artikel 104c GG soll aufgehoben werden. Dadurch könnte der Bund die Länder und Kommunen bei Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur unterstützen. Zudem soll der zusätzliche Artikel 104d GG eingeführt werden, der dem Bund die Möglichkeit geben soll, den Ländern zweckgebunden Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu gewähren.
Unklar ist, ob es am 14. Dezember im Bundesrat die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit gibt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Vortag in Stuttgart gesagt: "Es geht darum, dass die Länder nicht einfach zu Verwaltungsprovinzen des Bundes degradiert werden." Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland sagte er, das Gesetz sei "Murks". Nach Medienberichten haben auch die Regierungen von Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Sachsen Probleme mit der geplanten Grundgesetzänderung.
Schulen sollen ab 2019 digitalisiert werden
Die Schulen sollen ab 2019 schrittweise mit Digitaltechnik wie Tablets und WLAN ausgestattet werden und diese pädagogisch sinnvoll einsetzen. Die Lehrerinnen und Lehrern sollen entsprechend weitergebildet werden. Dafür will der Bund ab Anfang 2019 in fünf Jahren fünf Milliarden Euro fließen lassen.
Gegen den Wohnungsmangel in vielen deutschen Städten soll der Bund zudem seine Finanzhilfe für den Wohnungsbau fortsetzen können, ab 2020 mit einer Milliarde Euro pro Jahr. Zudem soll künftig eine Milliarde pro Jahr für Ausbau und Vernetzung des Nahverkehrs gegen den drohenden Verkehrskollaps in vielen Städten fließen.
Im Bundestag hatte sich lediglich die AfD gegen die Grundgesetzänderung gewandt. Alle anderen Fraktionen waren dafür. 580 Abgeordnete stimmten für den Schritt, 87 dagegen, 3 enthielten sich. Mehrere Redner riefen die Länder zur Zustimmung auf. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) appellierte an sie, "sich hier zusammenzuraufen". Die geplanten Schritte seien notwendig. So sei es etwa eine "nationale Aufgabe", den Nahverkehr auszubauen.
AfD sieht Angriff auf föderale Strukturen
Der AfD-Bildungspolitiker Götz Frömming nannte die geplante Grundgesetzänderung einen "Frontalangriff auf die föderalen Strukturen unseres Staates". FDP-Fraktions- und Parteichef Christian Lindner hielt der AfD deshalb entgegen, total altbacken zu sein. Die Linke-Haushaltspolitikerin Gesine Lötzsch sagte, ihre Fraktion werde zustimmen, weil eine Aufhebung des Verbots der Kooperation von Bund und Ländern in den Bereichen nötig sei. Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warb insbesondere für die geplante Digitalisierung der Schulen: "Der Bund kann jetzt in Köpfe, und nicht nur in Kabel und Beton investieren."
Dem Beschluss war eine Einigung der Koalition mit FDP und Grünen vorausgegangen. Diese beiden hatten durchgesetzt, dass der Bund auch in die Qualität der Schulen investieren können soll, also auch in Personal etwa bei der Weiterbildung von Lehrern und der Einstellung von Systemadministratoren.
Digitalisierung bedeutet konkret zum Beispiel, dass ein Lehrer mit einem Tablet vor der Klasse steht, und die Schüler auch Tablets vor sich haben. Er klickt dann Bilder oder Texte an, die sofort auf allen dieser Tablets erscheinen - man diskutiert gemeinsam darüber, die Schüler können dann etwa über bestimmte Fragen zu den Bildern oder Texten abstimmen. Innerhalb eines Moments kann das Umfrageergebnis anonym auf allen Bildschirmen angezeigt und dann darüber diskutiert werden.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Bundestag beschließt Grundgesetzänderung: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32421 (abgerufen am: 19.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag