Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte bleibt bis Sommer weiter ausgesetzt. Darauf einigte man sich am Donnerstag im Parlament. Die Aussetzung gilt bereits seit März 2016.
Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bleibt bis zum 31. Juli ausgesetzt. Der Bundestag beschloss am Donnerstag nach hitziger Debatte einen Gesetzesvorstoß, auf den sich Union und SPD vorab bei den Koalitionsverhandlungen verständigt hatten.
Eine große Zahl von Abgeordneten votierte gegen die Regelung: Unter den 678 abgegebenen Stimmen waren 298 Nein-Stimmen; 376 Parlamentarier stimmten mit Ja, vier enthielten sich. Das Vorhaben stößt bei Flüchtlingsorganisationen und Sozialverbänden auf enorme Kritik, ebenso bei Grünen und Linken.
Sogenannte subsidiär Schutzberechtigte - darunter viele Syrer - dürfen seit März 2016 keine Angehörigen mehr nach Deutschland nachholen. Die große Koalition hatte den Anspruch darauf damals für zwei Jahre ausgesetzt, also bis Mitte März. Nun bleibt den Betroffenen diese Möglichkeit auch für viereinhalb weitere Monate verwehrt. Aber auch Flüchtlinge mit besserem Schutzstatus stehen beim Familiennachzug mitunter vor hohen Hürden.
Ab 1. August soll einer begrenzten Zahl von bis zu 1.000 Betroffenen pro Monat der Nachzug wieder erlaubt werden. Zusätzlich sollen Härtefälle berücksichtigt werden. Details der Neuregelung müssen noch geklärt werden. Dazu ist ein weiteres Gesetz geplant.
De Maizière: "Ein bisschen Barmherzigkeit" nötig
Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen auf diesen Kompromiss verständigt, um kurz vor Ablauf der Frist Mitte März eine Übergangsregelung zum Familiennachzug auf den Weg zu bringen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die weitere Begrenzung des Familiennachzugs. "Unser Kompromiss steht für Humanität und Verantwortung, für Integration und Begrenzung, für Großzügigkeit und Realismus", sagte er bei der abschließenden Beratung im Bundestag. "Manche Idealisten halten die Regelung für zu streng." Die gefundene Lösung sei aber angemessen. Das geplante Kontingent von 1.000 Menschen pro Monat begrenze den Familiennachzug, Härtefälle würden aber weiter berücksichtigt. "Ein bisschen Barmherzigkeit" sei schließlich auch nötig.
Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer bezeichnete die Lösung als verantwortungsvoll und angemessen. Er mahnte, die Kommunen würden überfordert, wenn eine "ungezügelte Familienzusammenführung" bei subsidiär Geschützten erlaubt würde.
SPD-Fraktionsvize Eva Högl kündigte an, ihre Partei wolle auf eine großzügigere Auslegung der Härtefall-Regelungen zum Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus pochen. Im vergangenen Jahr hätten nur ein paar Dutzend Familienangehörige davon profitiert, sagte sie. "Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, diese Härtefälle anders auszulegen und anders auszugestalten, dass unter diese Härtefälle mehr als 66 Personen kommen", sagte Högl. Zudem müsse die Regelung im Sinne des Kindeswohls und unter Berücksichtigung der UN-Kinderrechtskonvention interpretiert werden.
Linke bezeichnet Gesetz als willkürlich
Aus den übrigen Fraktionen kam heftige Kritik. "Dieses Gesetz ist willkürlich, moralisch fragwürdig und unmenschlich", sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Aus einem Rechtsanspruch auf Familiennachzug werde reines Ermessen gemacht. Die Vorgabe laute künftig, dass der Staat pro Monat bis zu 1.000 Angehörigen den Nachzug erlauben könne. "Es können auch zwei sein oder einer." Die Festlegung auf 1.000 Menschen sei "reine Willkür". Dass die SPD noch dazu eine Härtefallregelung feiere, von der im vergangenen Jahr weniger als 100 Menschen profitiert hätten, sei unfassbar. Die Union habe sich bei dem Thema komplett durchgesetzt.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der SPD Umfallerei vor. "Sie knicken ein in der Familienfrage", sagte sie an die Adresse der Sozialdemokraten. "Wie klein will sich die SPD eigentlich noch machen? Sie sind noch in keiner Koalition." Jeder Politiker müsse sich den Schrecken vorstellen, vom eigenen Kind getrennt zu sein und sich überlegen, "was wäre, wenn es Ihr Kind wäre".
Stephan Thomae von der FDP sagte, der Kompromiss kompromittiere die SPD. "Die Union hat sich durchgesetzt auf ganzer Linie." Er sei gespannt, wie die SPD-Spitze dies nun der Parteibasis schmackhaft machen wolle. Das Gesetz sei "kein großer Wurf".
Der AfD-Abgeordnete Christian Wirth sprach sich generell gegen Familiennachzug aus. Familienzusammenführung solle nicht in Deutschland stattfinden, "sondern zum Beispiel in Schutzzonen in Syrien, welches zum größten Teil befriedet ist".
dpa/mam/LTO-Redaktion
Beschluss des Bundestages: . In: Legal Tribune Online, 01.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26827 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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