Der Bundesrat winkte am Freitag wieder einige Gesetzesvorhaben durch. So soll vermehrt auf Strom aus Kohlekraftwerken gesetzt werden können, während gleichzeitig der Ökostromausbau beschleunigt wird. § 219a StGB ist außerdem nun Geschichte.
Der Bundesrat hat am Freitag unter anderem der Reform des Energiesicherungsgesetzes zugestimmt. Der Bund soll durch die Gesetzesänderung schneller auf Gasknappheit und hohe Preise reagieren können. Deswegen sollen zum einen statt Gas- mehr Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung genutzt werden. Zum anderen werden Hilfen des Bundes für angeschlagene Energieunternehmen wie Uniper erleichtert. Der Bundestag hatte die Gesetzesänderungen einen Tag zuvor gebilligt.
Das Gesetz sieht nun als Option ein Umlagesystem vor, damit Preissprünge beim Gas für Energieversorger gleichmäßiger an Kunden weitergeben werden können - als Ersatz für bisher mögliche Regeln. Außerdem kann die Bundesregierung Maßnahmen zum Energiesparen verordnen.
"Klimapolitischer Rückschritt"
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte im Bundesrat, die Möglichkeit, Gaskraftwerke aus dem Markt zu drängen, damit mehr Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen, sei ein klimapolitischer Rückschritt. Dieser sei aber geboten, um den Gasverbrauch zu verringern. Habeck kritisierte, dass das geänderte Energiesicherungsgesetz der Bundesregierung weitreichende Möglichkeiten verleihe, um in Marktmechanismen einzugreifen, aber auch in die Gewohnheiten der Menschen.
Der Rückgriff auf die Kohlekraftwerke ist praktisch aber nicht einfach umsetzbar. Sowohl beim Wiederanfahren der bislang in die Netzreserve oder die Sicherheitsbereitschaft verbannten Kohlekraftwerke als auch beim Weiterbetrieb eigentlich zur Stilllegung vorgesehener Anlagen sind demnach einige Hürden zu überwinden. Die Probleme reichen von fehlendem Personal und zu geringen Kohlevorräten bis zu rechtlichen Hürden. Mit dem verstärkten Einsatz der Kohlekraftwerke soll angesichts der Drosselung russischer Lieferungen Gas gespart werden.
Weitere Beschlüsse des Bundesrats
Der Bundesrat hat am Freitag ebenfalls ein umfangreiches Gesetzespaket für einen schnelleren Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne gebilligt. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Stromverbrauch soll demnach bis 2030 auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden, derzeit liegt er knapp unter 50 Prozent. Die Länder sollen nun gesetzlich verpflichtet werden, mehr Flächen bereitzustellen.
Außerdem hat der Bundesrat grünes Licht zur Aufhebung des umstrittenen Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche gegeben. Ende Juni hatte der Bundestag bereits die ersatzlose Streichung des § 219a im Strafgesetzbuch beschlossen. Somit können Ärztinnen und Ärzte künftig ausführlich über Möglichkeiten zum Abbruch einer Schwangerschaft informieren, ohne eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen.
Gegenstand der Beschlüsse war auch eine BAföG-Reform. Der Höchsatz soll auf 931 Euro angehoben werden. Zudem sollen mehr Studierende und Auszubildene einen Anspruch auf die Ausbildungshilfe haben. Des Weiteren hat der Bundesrat beschlossen, dass die Zinsen für Steuerrückzahlungen, rückwirkend zum ersten Januar 2019, von sechs Prozent auf 1,8 Prozent pro Jahr sinken.
Zuletzt hat der Bundesrat, nachdem der Bundestag bereits zugestimmt hatte, den Beitritt Finnlands und Schwedens zur Nato gebilligt. Er verzichtete am Freitag darauf, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz anzurufen, das der Bundestag erst wenige Stunden zuvor beschlossen hatte. Das Gesetz ist die Voraussetzung zur Annahme entsprechender Protokolle durch Deutschland. Es gab keine Zustimmungspflicht des Bundesrats.
dpa/cp/LTO-Redaktion
Beschlüsse des Bundesrats: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48992 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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