Der BGH hat die Revision einer Pferdehalterin zurückgewiesen, deren Pferd nach einem Tag auf der Wiese lahmte. Womöglich wurde das Tier von einem anderen Pferd getreten, für eine Haftung des Tierhalters reicht das aber nicht aus.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision einer Pferdehalterin abgewiesen, die eine andere Pferdehalterin aus Tierhalterhaftung in Anspruch genommen hatte. Ihr Pferd lahmte, nachdem es einen Tag auf einer Wiese mit anderen Pferden verbracht hatte. Eine gesamtschuldnerische Haftung gegen einen anderen Tierhalter begründe dies aber nicht (Urt. v. 24.04.2018, Az. VI ZR 25/17).
Das Pferd der Klägerin wurde zusammen mit 12 anderen Pferden auf einen unbeobachteten, eingezäunten Grasplatz gebracht. Abends lahmte die Stute, der Tierarzt stellte später eine erhebliche Beinverletzung fest. Mit der Behauptung, ihr Pferd sei beim Zurückholen in den Stall von einem anderen Pferd getreten worden, nahm sie die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch. Der Umstand, dass nicht feststehe, ob das Pferd der Beklagten ihre Stute getreten habe, sei gemäß § 830 Abs.1 S.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unerheblich.
Der BGH hat die Revision gegen die ebenfalls klageabweisenden Urteile der Vorinstanzen nun zurückgewiesen. Auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts sei bereits der Tatbestand der Tierhalterhaftung aus § 833 S.1 BGB, auch in Verbindung mit § 830 Abs.1 S.2 BGB, nicht erfüllt.
§ 830 BGB soll Kausalitätszweifel überbrücken
Die Gefährdungshaftung nach § 833 S.1 BGB setzte voraus, dass sich im Unfall eine "spezifische" oder "typische" Tiergefahr desjenigen Tieres verwirklicht hat, dessen Halter in Anspruch genommen werden soll. Dies sei dann der Fall, wenn ein der tierischen Natur entsprechendes, unberechenbares und selbständiges Verhalten des betreffenden Tieres für die Entstehung des Schadens adäquat ursächlich geworden ist. Im konkreten Fall könne davon aber nicht ausgegangen werden, so der BGH.
Über die fehlende Feststellung eines für die Verletzung der Stute ursächlichen Verhaltens des anderen helfe laut BGH auch § 830 Abs.1 S.2 BGB nicht hinweg. Für die Anwendung dieser Vorschrift sei Voraussetzung, dass sich in dem Verhalten aller als Schadensverursacher infrage kommenden Tiere eine spezifische Tiergefahr gezeigt hat und dass diese spezifische Tiergefahr im Hinblick auf den eingetretenen Schaden kausalitätsgeeignet war. Das Berufungsgericht konnte aber nicht ausschließen, dass das Pferd der Beklagten während der Verletzung unbeteiligt abseits stand.
In diesem Fall hätte die Beklagte aber nicht unerlaubt und mit Verletzungseignung in die Schutzsphäre der Klägerin eingegriffen. § 830 Abs.1 S.2 BGB solle nur Kausalitätszweifel, nicht aber auch Zweifel darüber überbrücken, ob dem in Anspruch genommenen überhaupt eine rechtswidrige Handlung zur Last fällt.
acr/LTO-Redaktion
BGH zur Tierhalterhaftung: . In: Legal Tribune Online, 13.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29755 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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