BGH zur Haftung einer Klinik bei Behandlungsfehlern: See­li­sches Leid Ange­hö­riger kann Scha­dens­er­satzpf­licht begründen

28.06.2019

Bei Behandlungsfehlern kann nahen Angehörigen des Patienten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen seelischer Leiden zustehen, so der BGH. Die Situation sei vergleichbar mit den bei einem Unfall anerkannten "Schockschäden".

Menschen, die wegen des kritischen Gesundheitszustands eines nahen Angehörigen nach einem Behandlungsfehler psychisch erkranken, können Anspruch auf Schadenersatz haben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Freitag veröffentlichten Urteil entschieden (Urt. v. 21.05.2019, Az. VI ZR 299/17). Es gebe keinen Grund, warum nach einem Arztfehler andere Regeln gelten sollten als nach einem Unfall, bei dem die Grundsätze solcher "Schockschäden" anerkannt sind, so der 6. Zivilsenat.

Geklagt hatte eine Frau, nachdem bei ihrem Ehemann Komplikationen nach einer Darmspiegelung aufgetreten waren. Ihr Mann habe mehrere Wochen in akuter Lebensgefahr geschwebt. Sie habe deshalb Depressionen und Angstzustände bekommen. Zwei Gutachten hatten in dem Fall Behandlungsfehler festgestellt. Der Ehemann hatte deshalb zwischenzeitlich vom Versicherer der Klinik bereits 90.000 Euro erhalten.

Den Anspruch der Frau lehnte das Oberlandesgericht Köln (OLG) aber noch ab. Der Arztfehler habe den Gesundheitszustand des Mannes lediglich weiter verschlechtert. Das mitzuerleben, sei allgemeines Lebensrisiko, so das OLG.

Dieser Auffassung schlossen sich die Richter des BGH indes nicht an. Psychische Leiden seien zwar nur dann eine Gesundheitsverletzung, wenn sie "über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind". In diesem Fall hätten die Beschwerden der Klägerin aber ein außergewöhnliches Ausmaß gehabt, sodass ein entsprechender Anspruch der Frau per se nicht ausgeschlossen werden könne.

Abschließend klären konnte der BGH den Fall aber nicht. Das OLG muss nun erneut verhandeln und prüfen, ob der besonders schlechte Zustand des Ehemanns tatsächlich die Ursache der psychischen Erkrankung war.

dpa/tik/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zur Haftung einer Klinik bei Behandlungsfehlern: . In: Legal Tribune Online, 28.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36173 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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