BGH: Urteil im "Zitronensaftfall" aufgehoben

von mbr/LTO-Redaktion

22.12.2010

Der BGH hat am Mittwoch das Urteil des LG Mönchengladbach im sogenannten "Zitronensaftfall" aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurück verwiesen. Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil der frühere Chefarzt einer Klinik in Wegberg eine Patientin nach einer Operation mit Zitronensaft behandelt hatte. Diese war in der Folge verstorben.

An der Frau war zunächst eine Darmoperation durchgeführt worden. In der Folge war es zu einer Wundinfektion gekommen, aufgrund derer der behandelnde Arzt eine erneute Operation an der Frau vornahm (so genannte Reoperation). Hierbei und in der Folgezeit brachte er neben herkömmlichen Medikamenten auch mehrfach unsterilen Zitronensaft in die Wunde ein, von dessen desinfizierender Wirkung er überzeugt war. Über die Verwendung dieses unorthodoxen Desinfektionsmittels und mögliche Risiken hatte er die Patientin jedoch im Vorfeld nicht aufgeklärt. Rund zwei Wochen nach der ersten Operation verstarb die Patientin an den Folgen der Wundinfektion.

Das Landgericht (LG) Mönchengladbach hatte den Arzt noch wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hob das Urteil nun auf, unter anderem deshalb, weil das LG "keinen hinreichenden Anhalt dafür gefunden (hat), dass der Einsatz des Zitronensafts in irgendeiner Form mitursächlich für den Tod der Patientin gewesen wäre".

Das LG hatte in seinem Urteil auf die fehlende Einwilligung der Patientin vor der ersten Operation in die Behandlung ihrer Wunden mit Zitronensaft abgestellt, so dass die gesamte Operation mangels Einwilligung der Patientin als rechtsiwdriger Eingriff zu qualifizieren sei.

Die Richter des BGH sahen dies jedoch anders: Der Arzt hätte vor der ersten Operation noch gar nicht über mögliche Risiken von möglichen Nachbehandlungen der ersten Operation belehren müssen. Dies gelte selbst dann, wenn er schon vor der ersten Operation bei Schwierigkeiten den Zitronensaft habe einsetzen wollen. Insofern sei dem Arzt ein Vorwurf nur in Bezug auf die unterlassene Aufklärung vor der zweiten (Reoperation) zu machen. Diese war damit zwar mangels Einwilligung ein rechtswidriger Eingriff in die körperliche Integrität der Patientin, jedoch ihrerseits ebensowenig wie der Einsatz des Zitronensafts kausal für den Tod der Patientin.

Der Senat hob das Urteil auf und verwies es zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des LG zurück (Urt. v. 22.12.2010, Az. 3 StR 239/10). Diese hat nun zu prüfen, ob eine Verurteilung auf anderer Tatsachengrundlage zu erfolgen hat, weil etwa dem angeklagten Arzt bei der Erstoperation ein Behandlungsfehler unterlaufen ist oder er die Patientin in anderer Hinsicht nicht ausreichend aufklärte.

Zitiervorschlag

BGH: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2207 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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