BGH: Kein Schadensersatz für Heros-Kunden

25.05.2011

Die Kunden der ehemals größten deutschen Firmengruppe von Geld- und Werttransportunternehmen haben keinen Anspruch auf Leistungen aus der Transportversicherung. Dies entschieden die Karlsruher Richter am Mittwoch in einem Pilotverfahren.

Die Auslegung der maßgeblichen Vertragsbedingungen der Geld- und Werttransportversicherung habe ergeben, dass eine Allgefahrendeckung lediglich für den Verlust oder die Beschädigung von Sachen (insbesondere Hartgeld, Banknoten, Schecks und Wertpapieren) in der Obhut der Versicherungsnehmerin bis zur Übergabe an die Filialen der Deutschen Bundesbank besteht, so der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 25.05.2011, Az. IV ZR 117/09). 

Die Heros-Gruppe war Mitte der 1990er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Um Liquiditätsengpässe auszugleichen, waren laufend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offener Forderungen verwendet worden. Der Ausgleich war zeitverzögert durch einen entsprechenden Zugriff auf Gelder aus späteren Transporten erfolgt, so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar verzögert hatte, die Fehlbeträge aber lange Zeit nicht aufgefallen waren.

Im Jahre 2006 war einigen Auftraggebern der Heros-Gruppe zum Transport überlassenes Bargeld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben worden. Die Unternehmen der Heros-Gruppe wurden nachfolgend insolvent.

Ein großes Einzelhandelsunternehmen, welches zu den den früheren Auftraggebern gehörte, klagte gegen den früheren Versicherer auf anteilige Versicherungsleistungen aus einer von den Unternehmen der Heros-Gruppe abgeschlossenen Transportversicherung.

Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin wies der BGH nun zurück.

Kein Versicherungsfall

Nach Ansicht der Richter liegt selbst dann kein Versicherungsfall vor, wenn die Einzahlung auf das Eigenkonto der Versicherungsnehmerin mit dem Vorsatz erfolgt war, das entsprechende Guthaben zunächst für eigene Zwecke zu verwenden und der Auftraggeberin abredewidrig erst mittels einer zeitlich verzögerten Überweisung zu erstatten.

Es fehle in einem solchen Fall an einem allein vom Versicherungsschutz umfassten stofflichen Zugriff auf das Transportgut. Der von der Klägerin geltend gemachte Verlust sei vielmehr erst dadurch eingetreten, dass die Weiterüberweisung des Geldwertes auf ihr Konto pflichtwidrig unterblieben ist. Darin liege aber kein stofflicher Zugriff auf das Transportgut, die versicherten - körperlichen - Sachen, sondern lediglich ein treuwidriger Umgang mit nicht mehr versichertem Buchgeld.

tko/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

BGH: . In: Legal Tribune Online, 25.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3362 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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